Erziehung

Resilienz: Das Immunsystem der Seele

Resilienz, die seelische Widerstandsfähigkeit bei Kindern, ist sehr wichtig. Eltern können ihren Kindern helfen, die Psyche zu stärken und ihre Schutzfaktoren zu trainieren.

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Um Misserfolge zu verkraften, Krisen zu bewältigen oder in schwierigen Situationen zu bestehen, brauchen wir die Fähigkeit der Resilienz. Das gilt natürlich auch im Kindesalter. Doch diese Fähigkeit ist nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt. Man könnte es mit einer Erkältung vergleichen: Während manche Kinder beim kleinsten Windstoß schon einen Schnupfen bekommen, erkälten sich andere nur selten. Sie sind widerstandsfähig, denn ihr Immunsystem kann die Angriffe auf den Körper erfolgreich abwehren.

Misserfolge und Krisen haben auf unsere Seele den Effekt wie Viren und Bakterien auf unseren Körper. Auch hier gibt es Kinder, die schwierigen Situationen wie zum Beispiel einem Streit oder Stress in der Schule schnell hilflos gegenüberstehen. Andere hingegen „haut so leicht nichts um“. Sie sind in der Lage, kritische Erfahrungen zu meistern, ohne Schaden zu nehmen, und vielleicht sogar daran zu wachsen. Wie stark die Resilienz bei einem Kind ausgeprägt ist, können Eltern daran erkennen, wie es sich in schwierigen Situationen verhält:

  • Reagiert ihr Kind stabil und überlegt auf Probleme, oder explodiert es?
  • Kann ihr Kind über seinen Kummer reden und ihn verarbeiten?
  • Kennt und vertraut ihr Kind seinen eigenen Empfindungen und Gefühlen?
  • Kann sich ihr Kind gegen Angriffe und Ungerechtigkeiten angemessen wehren?
  • Kann Ihr Kind Schwierigkeiten aus sich heraus meistern und Lösungen finden?
  • Kommt ihr Kind mit Niederlagen und Rückschlägen zurecht?

Was eine Rolle spielt

Resilienz, also die personalen Schutzfaktoren, können gestärkt und gefördert werden. Da sich Kinder sehr stark an ihren Bezugspersonen orientieren, kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu. Eltern sollten hinterfragen, wie resilient sie selber sind und wie sie auf stressige Situationen oder Misserfolge reagieren. Mama und Papa üben wie bei vielen Bereichen des Lebens eine Vorbildwirkung auf ihr Kind aus. Das soziale Umfeld des Kindes spielt bei der Ausprägung von Resilienz eine wichtige Rolle. Sichere Beziehungen zu Verwandten, Freunden oder Lehrern zeigen dem Kind, dass es anderen nicht egal ist. Auch das Wissen, nicht alleine dazustehen mit einem Problem, sondern sich von seinem Umfeld Hilfe holen zu können, ist wichtig für ein Kind. Das Gefühl, gut aufgehoben zu sein, einen sicheren Hafen zu haben, egal, was passiert, schafft Mut und Selbstbewusstsein und stärkt damit die Resilienz.

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Krisen aktiv bewältigen

Eltern und Bezugspersonen sollten aber darauf achten, dem Kind nicht alle Probleme automatisch aus dem Weg zu räumen. Kinder müssen auch lernen, selbst aktiv schwierige Situationen zu bewältigen, und sich um Lösungen bemühen. Die Kinder verlassen dabei die Opferrolle und fühlen sich nicht dem Schicksal ausgeliefert. Sie lernen, dass sie Einfluss nehmen und verändernd eingreifen können. Die Fähigkeit der Resilienz erlangen Kinder, wenn sie Herausforderungen selbstständig meistern und Verantwortung für ihre Gedanken, Gefühle und Taten übernehmen.

Probleme in Möglichkeiten verwandeln

Um das Selbstwertgefühl des Kindes zu stärken, können Eltern ihren Kindern schon früh altersgerechte Aufgaben übertragen. Sie sollten es für Eigen- initiativen loben und Erfolgserlebnisse schaffen. So kann es seine Fähigkeiten und Fertigkeiten kennenlernen und lernen, darauf zu vertrauen. Bei Misserfolgen sollten Eltern ihren Kindern mit Trost, aber auch mit Ratschlägen zur Seite stehen und ihnen helfen, die Niederlage zu verarbeiten und gestärkt daraus hervorzugehen.

Resiliente Menschen verwandeln Probleme in Möglichkeiten und Chancen. Sie setzen von sich aus Initiativen, verlieren die entscheidenden Absichten nicht aus den Augen und setzen sich realistische Ziele. Aber sie erkennen auch, dass es Situationen gibt, die man nicht verändern oder beeinflussen kann und die man annehmen muss, wie sie sind. Sie wissen, dass Situationen, die momentan als unangenehm oder schmerzhaft empfunden werden, in Zukunft das Leben als sinnvolle Erfahrung bereichern können.

Schlüsselfaktoren für Resilienz

Bei der Resilienz wird auf sieben Schlüsselfaktoren Bezug genommen, die zwar verschieden, aber dennoch eng miteinander verbunden sind. Zu den Resilienzfaktoren gehören Optimismus, Akzeptanz, Selbstwirksamkeit, Lösungsorientierung, Verantwortung übernehmen, neue Netzwerke aufbauen und Zukunftsorientierung. Resilienz bedeutet, diese sieben Faktoren in ein passendes Gleichgewicht zu bringen. Um mit belastenden Ereignissen, Krisensituationen oder schlechten Rahmenbedingungen fertig zu werden, gilt es, diese sieben Schlüsselfaktoren zu trainieren und zu stärken. Ziel ist es, sein inneres Gleichgewicht selber wieder zu finden und es auch beizubehalten.

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Die 7 Schlüsselfaktoren

Akzeptanz
Resiliente Menschen akzeptieren Situationen und eigene Eigenschaften so, wie sie sind, und nehmen sie als gegeben an. So können sie flexibler auf die Problemstellung eingehen. Es ist wichtig, unseren Kindern zu vermitteln, dass es Bereiche im Leben gibt, die man nicht verändern kann. Was man jedoch verändern kann, ist die eigene Haltung zu dem Thema oder zu diesem Problem.

Optimismus
Resiliente Menschen vertrauen darauf, dass Krisen zeitlich begrenzt sind und überwunden werden können. Sie nehmen positive Ereignisse stärker und bewusster wahr. Sie lassen den angenehmen und positiven Gedanken mehr Raum. Sie bemühen sich, den Blickwinkel zu verändern und zu überlegen, was an dieser Situation das Positive sein könnte. Dadurch können sie ohne Druck und stressfreier agieren.

Selbstwirksamkeit
Resiliente Menschen kennen ihre Fähigkeiten und Stärken und sind sich der eigenen Bedürfnisse bewusst. Sie wissen, dass ihre Handlungen und Taten Wirkung und Folgen haben.

Verantwortung übernehmen
Resiliente Menschen übernehmen für sich selbst und für ihr Tun und Handeln Verantwortung und stehen für die Folgen ein.

Netzwerk-Orientierung
Resiliente Menschen pflegen Freundschaften und haben eine hohe soziale Kompetenz. Sie wissen, wen sie um Hilfe bitten können, und nehmen diese auch an.

Lösungsorientiertes Denken
Resiliente Menschen legen den Fokus auf die Lösung, nicht auf das Problem. Sie nutzen all ihre Ressourcen, um eine Lösung zu finden.

Zukunftsorientierung
Resiliente Menschen richten ihren Blick auf ihre Möglichkeiten und ihre Zukunft und setzen sich realistische Ziele.

Es geht darum, Lebenskompetenzen zu fördern: Bereits sehr junge Kinder erleben viel Stress – sie spüren die Existenzängste der Eltern nach deren Trennung oder wenn ein Elternteil seinen Job verloren hat, sie spüren die Sorge um die pflegebedürftige Oma oder das Geschwisterchen mit besonderen Bedürfnissen. Sie hören in den Medien von Flüchtlingen, Terroranschlägen und Umweltkatastrophen. Und sie haben ihre eigenen ganz persönlichen emotionalen Stressmomente – ein anderes Kind, das sie schubst, auslacht oder das Spielzeug kaputtmacht, die Angst vor dem Monster unterm Bett und die Angst, in der Schule zu versagen. Was junge Kinder jedoch noch nicht haben, sind genügend Stressbewältigungsmechanismen. Achtsamkeit und Meditation fördert Lebenskompetenzen, dem, was sich rund um mich und in mir abspielt, mit emotionaler Intelligenz, Selbstfürsorge und Mitgefühl zu begegnen. Es geht darum, sich zu konzentrieren, zur Ruhe zu kommen, wahrzunehmen, was gerade da ist, dem eine angemessene Bedeutung zu geben, sich um sich selbst und andere zu kümmern.

Susanne Strobach Geschäftsführerin Achtsamkeits-Akademie

Zitatzeichen

Übungen für Resilienz & Achtsamkeit

Übung zur Körperwahrnehmung
Streck deine Hand aus. Sieh deine Hand an. Nun schließe deine Augen. Woher weißt du, dass deine Hand noch da ist? (Z. B. weil sie sich kalt/warm/feucht anfühlt, weil sie zittert …) Jetzt schüttle deine Hand. Wie fühlt sich das an? Reibe deine Hand auf deinem Oberschenkel … blase auf deine Hand.  Wie fühlt sich das an?

Einen Stein mit dem Bauch heben
Legt/setzt/stellt euch ganz bequem hin und legt zuerst eure Hände auf den Bauch. Spürt ihr, wie sich die Bauchdecke beim Ein- und Ausatmen hebt und senkt? Beobachtet das zwei Atemzüge lang. Wer kann jetzt weiter auf seinen Atem achten, wenn ich versuche euch abzulenken?(Ein Kind, das unruhiger ist, kann ich hier gut einbeziehen, indem es der Ablenkungsassistent wird. Abwechselnd machen wir Geräusche – auf den Sessel klopfen, mit den Füssen trampeln …) Wer konnte bei seinem Atem bleiben, und wer wurde wovon abgelenkt? Und jetzt schließt die Augen, und ich lege euch ganz vorsichtig einen kleinen Stein (es kann auch ein Legostein oder Bauklotz sein) auf den Bauch. Spürt ihr sein Gewicht? Spürt ihr, wie er sich beim Ein- und Ausatmen hebt und senkt?

Den Sommer über die Fußsohlen spüren
Stellt euch mit geradem Rücken hin, die Knie sind locker, die Beine hüftbreit. Atmet ganz bewusst ein und aus, ein und aus. Beobachtet, was in eurem Körper und in eurem Geist in diesem Augenblick geschieht. Wenn Gedanken kommen, lasst sie vorbeiziehen und bringt eure Aufmerksamkeit zu euren Fußsohlen. Nehmt wahr, wie sich der Kontakt zum Boden anfühlt. Liegen die Fußsohlen überall gleich fest auf, oder ist an manchen Stellen Luft zwischen Boden und Fußsohle? Sind die Zehen gespreizt oder locker? Könnt ihr jede einzelne Zehe spüren, ohne sie zu bewegen? Diese Übung lässt sich im Sommer besonders gut im Freien machen, zum Beispiel gehen die Kinder barfuß ganz aufmerksam ein paar Schritte über eine Wiese, danach über Sand und danach durchs Wasser. Wie fühlen sich die Fußsohlen dabei jeweils an? Wo spüre ich die Grashalme (vielleicht zwischen den Zehen)? Spüre ich, dass sich die Grashalme unter meinen Füßen biegen? Spüre ich, wenn ein Gänseblümchen oder Löwenzahn darunter ist? Wie fühlt sich das an? Wie ist es bei Sand oder Wasser? Spüre ich die Wiese/den Sand/das Wasser noch an anderen Stellen im Körper? Welche Sinne „springen noch an“?

Übung zur Akzeptanz
Stell dir vor, du stehst in einer Wiese. Mitten in der Wiese ist ein großer Baum. Du willst auf dieser Wiese ein Haus bauen, aber das geht sich nicht aus. Du könntest jetzt einfach sagen, das geht nicht, und es wird kein Haus gebaut. Oder du akzeptierst, dass dort der Baum steht und suchst andere Möglichkeiten für das Haus. Du könntest das Haus auf dem Baum bauen, dann hast du ein Baumhaus, oder du baust das Haus um den Baum herum. Es geht darum, die Haltung zu der Situation zu ändern.

Gehmeditation „Indianerschleichen“
Gehmeditation heißt, dass ich mich bemühe, die Atmung und meine Schritte zu koordinieren. Atme zwei oder dreimal aus und geh einen Schritt dabei, atme zwei bis dreimal ein und geh einen Schritt dabei. Wenn du dich darauf konzentrierst, bist du im Moment, bist du achtsam, bist du im Hier und Jetzt. Der Indianer atmet ein– zwei, drei Mal, atmet aus – zwei, drei Mal, geht langsame Schritte und merkt, dass es ihm guttut. Übe die Gehmediation zuerst eine Woche lang zu Hause jeden Tag. Danach kannst du sie machen, wenn du am Schulweg nach Hause gehst, die Übung hilft dir dabei, einfach runterzukommen, oder wenn du merkst, dass es dir zu viel wird.

Atemübung „Der stumme Schrei des Indianers“
Stell dir bei dieser Übung vor, du bist ein Indianer. Eigentlich solltest du den Indianerruf machen, aber das geht nicht, weil der Feind lauert. Um keine Aufmerksam zu erregen, machstdu
den Indianerruf stumm. Diese Atemübung hilft dir dabei, Stress abzubauen, sie fördert deine Wahrnehmung, und du konzentrierst dich auf den Augenblick.

DIE ÜBUNGEN STAMMEN VON:
Susanne Strobach, www.achtsamkeits-akademie.at
Gini Czernin, www.resilienzzentrum.at

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