„Wenn es um das Thema Schlaf geht, sind Drohungen immer
kontraproduktiv.“

Werner Sauseng
Erziehung

„Prinzipien bringen nichts, wichtig ist der individuelle Schlafbedarf“

Die Veranlagung zum Langschläfer kann jeden treffen. Zum Glück gibt es kleine Tricks, die den Morgen mit müden Kindern entspannter machen.

Was raten Sie Eltern von Morgenmuffeln?
Unbedingt genug Zeit einzuplanen. Lieber 15 Minuten früher wecken und Zeit geben zum Aufwachen. Und insgesamt auf eine ausreichende Schlafdauer achten.

Wie weckt man also am besten auf?
Theoretisch besteht der Schlaf aus Zyklen, in der Tiefschlafphase ist es schwieriger, in der Leichtschlafphase leichter, jemanden zu wecken. Es ist aber natürlich gar nicht so leicht, die richtige Schlafphase zu erwischen. Es gibt Schlafphasenwecker, die durchaus Sinn machen, sonst kann man aber auch mit Helligkeit arbeiten, also im Vorfeld Vorhänge und Fenster öffnen, dann langsam wecken.

Was ist dran am Mythos von der Eule und der Lerche? Kann man da wirklich so grob unterscheiden?
Das gibt es wirklich. Sowohl ob wir Morgen- oder Abendmenschen sind, als auch wie viel Schlaf wir brauchen, ist Veranlagung. Das heißt aber nicht, dass diese Veranlagung direkt vererbt wird, es treffen also auch oft Langschläfer und Kurzschläfer am Frühstückstisch aufeinander und damit ganz verschiedene Bedürfnisse. Lerchen sind in den Morgenstunden leistungsfähiger, Eulen in den Abendstunden.

Nach den langen Ferien fällt das frühe Aufstehen doppelt schwer, macht es Sinn, den Rhythmus schon im Vorfeld sanft umzustellen?
Es ist auf jeden Fall hilfreich, sich vorzubereiten. Das frühe Aufstehen muss kompensiert werden, also muss man früher schlafen gehen. Es funktioniert aber einfach nicht, zu sagen: „Ab heute gehst du früher schlafen.“ Man muss bedenken, dass es einen individuellen Schlafbedarf gibt, und das bedeutet, man muss sich von reinen Prinzipien lösen – z. B.: „Um 20 Uhr bist du im Bett.“ Lieber sollte man genau beobachten, was dem eigenen Kind guttut. 14 Tage sind jedenfalls ein gutes Zeitfenster, um einen Rhythmus sanft umzustellen.

Inwiefern spielt das Alter der Kinder eine Rolle?
Ab der Pubertät wird es noch einmal schwieriger, denn das Schlafhormon Melatonin wird später ausgeschüttet. Parallel dazu wird zwar auch der Schlafbedarf mit der Zeit geringer, aber  Jugendliche ab der Pubertät haben tatsächlich Schwierigkeiten, früh einzuschlafen und daher auch früh aufzustehen.

Für ältere Kinder würde es also tatsächlich Sinn machen, einen späteren Schulstart zu diskutieren.
Man kann das Aufstehen nicht vom (Ein-)Schlafen trennen: Welche Faktoren unterstützen einen erholsamen Schlaf? Ein regelmäßiger Schlaf-wach-Rhythmus wird häufig unterschätzt. Viele Kinder gehen unter der Woche um 20 Uhr, am Wochenende dann aber um 22 Uhr oder später ins Bett. Bei manchen kann sich der Rhythmus aber tatsächlich so schnell verschieben, dass sie am Sonntag abends dann nicht einschlafen können. Schlaffördernd wirkt eine ruhige, dunkle Umgebung nach einem ruhigen Abendritual. Das klassische Sandmännchen lässt man besser aus, nicht unbedingt wegen der Inhalte, sondern weil das blaue Licht vom Bildschirm direkt vor dem Schlafengehen nachweislich eine negative Wirkung hat. Ein Klassiker ist auch der Vater, der um 19 Uhr von der Arbeit kommt und natürlich noch Zeit mit seinem Kind verbringen will. Das ist auch wichtig, aber er sollte dann besser vorlesen als toben.

Was kann man noch beachten?
Drohungen sind sicher kontraproduktiv. Ein „Wenn du nicht XY machst, dann kommst du ins Bett“ und Ähnliches. Das sagt sich schnell und ist weitverbreitet, sollte aber nicht sein. Denn natürlich wird sowohl der Ort des Schlafens als auch das Schlafen selbst negativ verknüpft.

Bedeutet besserer Schlaf vielleicht sogar auch bessere Noten?
Die Leistungsfähigkeit leidet, wenn die Schlafqualität schlecht ist. Man weiß, dass Kinder, die schlecht Luft bekommen und dadurch schlecht schlafen, Schwierigkeiten mit der Konzentration haben und schlechtere Schulleistungen. Abgesehen davon hat eine Eule sicher einen Nachteil, wenn die Mathematikschularbeit in der ersten Stunde stattfindet, sie könnte um elf Uhr bessere Ergebnisse abliefern.

Warum hat lange zu schlafen so ein schlechtes Image?
Das hat mit unserem Bild von Leistungsfähigkeit zu tun – der Tüchtige steht früh auf, der Faule schläft lang. Das sind Ideen aus einer Zeit, als man mit Einbruch der Dunkelheit schlafen gegangen und mit Sonnenaufgang aufgestanden ist. Indianervölker, die keinen Strom haben, gehen übrigens auch heute noch ins Bett, wenn es dunkel ist. Aber, und das ist interessant: Sie schlafen trotzdem länger als ihre Nachbarn in Dörfern mit Strom.

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