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Hyper Casual Games fürs Handy

Je simpler, desto erfolgreicher: Hyper Casual Games bereiten vielen Smartphone-Nutzern Spaß - mit minimalen Anforderungen an Zeit und Konzentration.

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Sei es in der U-Bahn, in der Warteschlange oder abends auf der Couch: Für eine wachsende Anzahl von Smartphone-Nutzern sind kurzweilige Spiele vom mobilen Endgerät nicht mehr wegzudenken. Diese Spiele werden stetig schlichter, schneller und schlanker. Der neueste Trend sind dabei sogenannte „Hyper Casual Games“.

Die Wachstumsraten dieser Spiele überraschen auch langjährige Beobachter der App-Branche. Seit dem Durchbruch des Hyper-Casual-Genres im Jahr 2017 geht es steil nach oben. Die Download-Wachstumsrate der Spiele betrug zwischen dem zweiten und dritten Quartal 2018 laut einer Analyse des Datenanalysten AppsFlyer weltweit 295 Prozent. AppsFlyer analysiert seit 2011 Trends beim App-Download. Eine solche Steigerung haben wir bislang noch nie für ein Gaming-Genre gemessen, andere Analysten vermutlich ebenfalls nicht.

Minimaler Zeit- und Lernaufwand

Der Begriff der Hyper Casual Games ist jung. Er entstand erst 2017 und bezeichnet ultrakurze Handy-Spiele. Ein Durchlauf ist in Minuten, manchmal in Sekunden absolviert. Dadurch lassen sich die Spiele fast jederzeit spielen und erlauben blitzschnelle Erfolgserlebnisse. Das macht ihren Reiz für den Nutzer aus. Eine Vertiefung in die Storyline oder das Lernen eines komplexen Gameplays entfällt. Und: Der Zeitaufwand ist minimal.

Direkt nach dem kostenlosen App-Download kann das Spiel beginnen, meist ohne Registrierung. Die Regeln und das User-Interface sind einfach, die Grafik schlicht wie bei Arcade-Spielen der 1970er und 1980er Jahre. Die Spielidee beschränkt sich zumeist auf die Jagd nach dem Highscore.

Die Apps erfassen meist lediglich zwei oder drei Parameter wie das Tippen, die Dauer der Berührung des Displays oder eine Drehbewegung. Eine hohe Punktzahl gibt es nur beim perfekt gelungenen Tipp. Viele Spiele setzen auf die sehr häufige Wiederholung einer einzigen Bewegung. Wer das Spiel oft und länger spielt und einige hundert Male die Bewegung ausführt, kann es zu hoher Perfektion bringen.

Für den Nutzer grundsätzlich kostenlos

Erfolgsgarant der „superlässigen Spiele“ ist neben dem sofortigen Erfolgserlebnis die extrem schnelle und hürdenarme Verfügbarkeit auf dem Handy. In diesem Punkt blickt das Genre der „Hyper Casual Games“ dann doch auf eine längere Geschichte zurück. Spiele wie „Angry Birds“ von Rovio Entertainment revolutionierten bereits vor rund einem Jahrzehnt die Gaming-Landschaft der noch jungen App-Stores.

Waren Spiele im App-Store bis dahin vergleichsweise komplex und teuer, kostete „Angry Birds“ nur 99 Cent und setzte damit einen Trend. Viele der erfolgreichsten Spiele für Mobilgeräte kosten den Nutzer seitdem, anders als klassische aufwendige Desktop-Titel, wenig bis nichts. Die Spiele finanzieren sich nicht über den Kaufpreis, sondern über Werbung und In-App-Käufe.

Während In-App-Käufe bis heute eine wichtige Monetarisierungsquelle vieler Spiele bleiben, spielen sie bei Hyper Casual Games eine deutlich kleinere Rolle. Meist sind diese Games komplett durch Werbung finanziert. Bei einigen kann man gegen Gebühr die Werbung ab- oder zusätzliche Features freischalten, aber das ist eher die Ausnahme.

Werber nutzen Hyper Casual Games

Bei Nutzern findet dieses für sie komplett kostenlose Angebot offensichtlich eine hohe Akzeptanz. Das ist für die Macher der Hyper Casual Games extrem wichtig, denn sie sind auf hohe Nutzerzahlen angewiesen. Mit Mobile-Bannern und Video-Einspielungen lässt sich je Spieler keine hohe Monetarisierung erzielen. Zum Geschäft wird das Spiel, wenn eine möglichst große Zahl von Menschen es regelmäßig spielt.

Das wiederum erfordert eine hochwertige Nutzererfahrung und möglichst wenig Frustration – und damit von den Apps, dem Nutzer möglichst oft Werbung zu zeigen, ohne ihm damit auf die Nerven zu gehen oder gar die Lust am Spiel zu nehmen.

Das gelingt den Machern der Spiele offenbar gut. Günstige Produktionskosten und die unmittelbare Monetarisierung erlauben ihnen eine hohe Frequenz bei Erweiterungen und Spinoffs. Denn idealerweise bewerben sich die Spiele gegenseitig und tragen so zu einer größeren Verbreitung und zum Markenaufbau bei.

So erfolgreich wie YouTube

Die erfolgreichsten Titel erreichen in den App-Stores inzwischen Download-Zahlen auf dem Niveau von YouTube, Snapchat oder dem Facebook Messenger. Bekannte Spiele für die Smartphone-Betriebssysteme Android und iOS heißen etwa Dune, Flip Rush, Piano Tiles oder Paper.io und kommen von Anbietern wie Voodoo (Frankreich; 200 Millionen US-Dollar Investment von Goldman Sachs im Mai 2018), Lion Studios (USA) oder BitMango (Südkorea).

Selbst die günstigsten Smartphones sind heute in der Lage, die grafischen Anforderungen der Spiele zu erfüllen. Downloads im Umfang von 50 Megabyte sind mit aktuellen Daten-Flatrates auch unterwegs kein Problem mehr. Ergebnis: In Deutschland stieg der Marktanteil von Hyper Casual Games im gesamten Download-Markt für mobile Spiele 2018 von null auf sechs Prozent.

Damit sind derzeit 1,7 Millionen Hyper Casual Games auf deutschen Smartphones installiert. Ein Ende des Booms ist nicht absehbar: Das Genre wird nach Meinung von Branchenkennern wachsen und bleiben. Aktuell schätzt AppsFlyer das weltweite Umsatzvolumen von Hyper Casual Games auf einen dreistelligen Millionenbetrag in Euro.

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