„Groß, klein, dick, dünn – jede Frau hat das Recht, sich schön zu fühlen!“

Das heißt, es ist auch ein Kampf gegen die Bilder im Kopf?
Ja, es ist ein Kampf, sich permanent gegen diese Bilder zu wehren. Die Bilder im Kopf, die man ansozialisiert bekommt, aber auch die Bilder, denen wir auf der Straße begegnen. Wir sind pro Tag mit 4.000 Werbebotschaften konfrontiert. Minimum. Ganz, ganz viele davon sind Frauenkörper. Und die schauen alle gleich aus und dabei alle nicht so wie du.

Gerade Mütter haben auch eine Vorbildfunktion und müssen sich fragen: Was für ein Körperbild lebe ich meiner Tochter vor?
Ich schreibe in meinem Buch auch über das Selbstbild meiner Mutter, es ist ein Kapitel, das mir sehr schwer gefallen ist. Aber es war mir bewusst: Wenn ich den Anspruch an mich stelle, die diversen Themen rund um dieses verschrobene Körperbild aufzublättern, dann kann ich die Rolle der Mutter nicht weglassen, denn die ist prägend und hat einen extrem starken Einfluss. Es ist eine ordentliche Herausforderung, so weit zu reflektieren, dass man dem Kind ein gesundes Körperbewusstseinweitergeben kann.

Es ist aber auch jeder Zentimeter Frau einer öffentlichen Bewertung ausgesetzt, dem kann man sich nur schwer entziehen.
Diese Frage danach, wie dick man denn nun ist, ist ein Riesenthema. Und der Großteil der Frauen, die mir schreiben, weil sie sich von „Fuck Beauty“ angesprochen fühlen, tragen Größe 36 bis 40 – das finde ich schockierend, aber augenöffnend: Fast alle Frauen haben Selbstwertprobleme. Es geht nicht darum zu sagen, dicke Frauen sind schön, und zwar alle, und „nur echte Frauen haben Kurven“ – wie ich das hasse. Mir geht es darum, festzuhalten, dass jede Frau das Recht dazu hat, sich schön zu fühlen und sich das von gesellschaftlichen Standards nicht absprechen zu lassen.

Was kann auf dem Weg zu einem gesunden Körperbewusstsein helfen?
Wenn man mehr als 30 Jahre lang gewisse Muster gepflegt hat, dann wird man die nicht von heute auf morgen ablegen. Das erwartet auch keiner. Jeder hat sein eigenes Tempo. Und es ist schon mal gut, die Nase in die richtige Richtung zu stecken. Mein persönlicher Schlüsselmoment war während eines Urlaubs auf den Philippinen. Ich war dort allein unterwegs, und es war so fantastisch schön dort, einfach unvorstellbar. Während eines Schnorchelausflugs bin ich im Bikini auf dem Boot gesessen, bin durch die herrlichste Umgebung gefahren und habe mich dabei unwohl gefühlt. Habe an Beine und Bauch gedacht, anstatt wahrzunehmen, was um mich herum ist. Und in dem Moment ist es mir eingeschossen: „Sag einmal, spinnst du? Genießt du jetzt bitte mal?“ Der Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen. Also habe ich begonnen, mich intensiver mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, und bin immer zu dem Punkt gekommen: Mein Körper hat eigentlich alles richtig gemacht. Der hat mich nämlich immerhin bis hierher gebracht. Das ist eine hochkomplexe Maschine, und es ist völlig sinnlos durchs Leben zu rennen und permanent einen Teil von mir abzulehnen, anstatt zu sagen: Danke lieber Körper.

Selbst- und Fremdbild stimmen auch nicht unbedingt überein. Das merkt man, wenn man alte Fotos sieht …
Das stimmt. Ich habe unlängst Fotos von mir gefunden, da muss ich etwa Anfang 20 gewesen sein. Damals habe ich sehr mit mir und meinem Aussehen gehadert. Heute sehe ich da eine wunderschöne Frau. Da war alles richtig. In dem Moment hab ich mein altes Ich wirklich betrauert, weil ich mir so viel weggenommen habe. Ich will mir keine Minute meines Lebens mehr von solchen Momenten nehmen lassen.