Politik

Chancentod: 70.000 Kinder in der Mindestsicherung

"70.000 Kinder leben in Familien mit Mindestsicherung, das sind 36% aller Bezieher", zitiert die Armutskonferenz die heute veröffentlichten Daten aus 2018 der Statistik Austria.

Mutter mit Kind Hände haltend

„Die starke Benachteiligung der Kinder wird deutlich sichtbar mit allen negativen Auswirkungen auf Zukunftschancen, Bildung und Gesundheit“, so das Netzwerk aus allen Sozialeinrichtungen, Selbsthilfegruppen und Hilfsorganisationen Österreichs in einer Presseaussendung.

Problem working poor, chronische Erkrankung, hohe Wohnkosten

Insgesamt ist aufgrund der guten Konjunktur die Tendenz bei der Mindestsicherung im letzten Jahr rückläufig: 2018 ist ein deutlicher Rückgang eingetreten (-5,9%). Seriöserweise ist anzumerken, dass die Bezieherzahlen nicht erst seit 2015 und auch nicht erst seit Einführung der Mindestsicherung im Jahr 2010 angestiegen sind. Bereits in der alten Sozialhilfe seit Mitte der 2000er Jahre haben sich die Betroffenenzahlen stark erhöht (1999: 71000, 2007: 152000, 2011: 193000, 2014: 256000). Gründe dafür sind prekäre Jobs, nicht-existenzsichernde Notstandshilfeleistungen, Arbeitslosigkeit, psychische Erkrankungen und hohe Lebenshaltungskosten beim Wohnen.

Prekäre Jobs mit daraus folgendem nicht existenzsichernden Arbeitslosengeld nehmen zu. Die neuen „working poor“ erhalten von der Mindestsicherung „Richtsatzergänzungen“, um zu überleben. Weiters haben Personen mit physischen oder psychischen Beeinträchtigungen am Arbeitsmarkt schlechte Chancen. Besonders nehmen depressive Erschöpfungszustände zu. Und die steigenden Lebenshaltungskosten beim Wohnen wirken sich bei geringem Einkommen überproportional stark aus.

Soziale Risiken werden in die Städte „exportiert“

Ein Großteil der BezieherInnen befindet sich in Städten. Die sozialen Risiken werden also  in die Städte exportiert, und das nicht nur in Österreich. Das zeigt sich besonders deutlich, wenn man die Verteilung der Mindestsicherungsbezieher betrachtet. Die Inanspruchnahme von bedarfsgeprüften Sozialleistungen ist in Großstädten in ganz Europa um ein vielfaches höher: Weil eine große Zahl Einkommensarmer aus Scham vom Land in die anonymere Stadt zieht, weil der Anteil der BesitzerInnen eines Eigenheims unter den Einkommensarmen in Städten deutlich niedriger ist als am Land, weil Informations- und Hilfsstellen dichter vorhanden sind. Dass auch  in den Städten Österreichs die Inanspruchnahme höher ist, ist also nicht überraschend.

61% im Schulalter, Pension, Behinderung, Kinderbetreuung oder Angehörigenpflege

39% der Mindestsicherungsbezieher befanden sich noch im Vorschul- bzw. Pflichtschulalter oder bereits in Pension, 9% waren arbeitsunfähig, 5% besuchten die Schule über das Pflichtschulalter hinaus, bei den restlichen 8% entfiel der Einsatz der Arbeitskraft wegen Kinderbetreuung (5%) oder aus sonstigen Gründen wie Angehörigenpflege (3%). Bei den Personen mit Einkünften waren jene mit Arbeitslosenleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe etc.) die größte Gruppe (42%), Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezogen 16%. Ingesamt erhält der Großteil (70%) eine Ergänzung bzw. Aufstockung (Teilbezug) zu vorhandenem Einkommen.

Durchschnittliche monatliche Leistung 638 Euro, pro Person 329 Euro

Die monatliche Leistungshöhe pro Bedarfsgemeinschaft für Lebensunterhalt und Wohnen lag im Jahresdurchschnitt bei 638 Euro.Umgerechnet auf die Person, betrug die monatliche Anspruchshöhe 329 Euro, hier reichte die Spannbreite von 249 Euro in Oberösterreich bis 345 Euro in Wien. Bei 70% der Personen war die Bezugsdauer länger als ein halbes Jahr, 14% bekamen 4 bis 6 Monate, die restlichen 16% maximal 3 Monate eine Unterstützung.

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