Medien

Blödsinn, der Kindern Angst macht

Schlagzeilen wie „Die Killerclowns sind wieder da“, YouTube-Videos über böse, aber erfundene Figuren oder Kettenbriefe, die den Tod der eigenen Mutter androhen: All das sind Fake News, die Kindern einen Riesenschrecken einjagen. Nicht alles zu glauben, was sie lesen, ist ein notwendiger Lernprozess, der früh beginnen sollte.

„Dass es keine fliegenden Eichhörnchen gibt, ist mir klar“, sagt der neunjährige Jakob Fleissner. Bei einem Workshop von saferinternet.at in seiner Klasse zeigte Medienpädagoge Wolfgang Pospischill den Kindern ein Foto eines Eichhörnchens mit Flügeln und sprach mit ihnen darüber, welchen Informationen, Fotos und Videos im Internet sie trauen können und wo Vorsicht geboten ist. Das Beispiel vom fliegenden Eichhörnchen ist eindeutig. Jakob: „Aber manchmal gibt es kleine Veränderungen auf einem Bild, woman nicht merkt, dass etwas falsch ist.“ Wolfgang Pospischill zeigt den Kindern oft, wie einfach man Fotos manipulieren kann.

Den Begriff Fake News hat Jakob noch nie gehört, aber dass nicht alles im Internet oder in sozialen Netzwerken der Wahrheit entspricht, ist ihm bewusst. Seine Mutter Birgit hat mit ihm darüber gesprochen, dass manche Zeitungen falsche Nachrichten, also Fake News, verbreiten oder manche Politiker behaupten, dass negative Nachrichten, die über sie berichtet werden, erfunden sind.

Das Geschäft mit der Angst

In Bezug auf Kinder müssen Fake News erweitert betrachtet werden, sagt Wolfgang Pospischill: Selten geht es um Nachrichten, die über klassische Medien, Facebook oder Twitter verbreitet werden. Meistens handelt es sich um YouTube-Videos oder Kettenbriefe per WhatsApp, die den Kindern Angst einjagen. Pospischill erwähnt die PrankBros und Rebekah Wing, die über YouTube Schreckens-Videos verbreiten. So hat Wing etwa Beiträge über den Game Master veröffentlicht, eine erfundene Figur, die sie zum Beispiel auf den Jahrmarkt lockt. Diese Videos sind im Stil des Horrofilms Blair Witch Project gedreht und sollen so wirken, als wäre sie wirklich live dabei auf der Jagd nach dem Game Master. Pospischill: „Das sind Beispiele für YouTuber, die wissen, dass sie junges Publikum haben, und deren Geschäft es ist, Kindern Angst zu machen und damit Geld zu verdienen.“ Kinder ab zwölf oder 13 Jahren wissen meist, dass das nicht wahr ist: „Aber Volksschulkinder haben noch Angst, wenn sie so etwas sehen.“

Oft hört Pospischill an Schulen: „Es ist auf YouTube, also muss es stimmen.“ Er erklärt den Kindern dann, dass es bei diesen Videos um Geld geht. Das Geschäftsmodell lautet: Je mehr Menschen die Videos anschauen, umso eher schalten Unternehmen bei den YouTubern Werbung und zahlen viel Geld dafür. Oder sie lassen ihre Produkte in den Videos platzieren oder von YouTubern verlosen. Die Beträge, die die Internet-Stars von YouTube selbst für die Klicks bekommen, sind im Vergleich zu den Werbegeldern gering. Daher springen YouTuber wie Rebekah Wing und die PrankBros oft auf Trends und Gerüchte auf und machen Beiträge darüber – egal, ob sie stimmen oder nicht. Besonders seit vergangenem Sommer würden viele solche Videos die Runde machen.

Viele YouTuber wissen, dass sie junges Publikum haben und verdienen Geld damit, Kindern Angst zu machen.

Wolfgang Pospischill, Freier Trainer und Medienpädagoge

Zitatzeichen

Magisches Denken

Ähnlich viel Schrecken verbreiten manche Kettenbriefe, die per WhatsApp verschickt werden und wo etwas drinsteht wie: „Schick diese Nachricht an 20 Leute, oder deine Mama ist in 365 Tagen tot.“ Pospischill: „Gerade bei den jüngeren Kindern funktioniert dieses magische Denken, und sie nehmen das für bare Münze.“ Aber auch in analogen Medien gibt es mitunter Angstmacher-Geschichten, die Kinder hart treffen. Pospischill erinnert sich an eine Schlagzeile in einer Gratiszeitung, in der die Rückkehr von Killerclowns angekündigt wurde: „Da kriegt ein Volksschulkind natürlich Panik.“

Was hilft, ist laut Pospischill Quellenkritik von Anfang an und altersgerecht zu lernen, das heißt, sich mit den Kindern zu fragen: Woher kommt die Information? Kann das wirklich stimmen? „Um das unterscheiden zu können, brauche ich Medienkompetenz und -kritik“, sagt der Pädagoge. Und weil die Mediennutzung zuhause beginne, müssten sich nicht nur Pädagogen, sondern in erster Linie Eltern darum kümmern. Die erste Aufgabe sei, sich mit der Lebenswelt der Kinder auseinanderzusetzen und ihre Sorgen und Ängste ernst zu nehmen: „Für die Kinder ist das sehr real, aber die Eltern haben oft keinen Tau, wovon sie sprechen.“ Sie sollten sich die Themen von den Kindern erklären lassen. Und das Allerwichtigste sei, von Anfang an eine Vertrauensbasis zu den Kindern aufzubauen, damit diese wissen, dass sie zu ihnen kommen können, wenn ihnen ein Video, ein Kettenbrief oder sonst ein erfundener Blödsinn Angst macht.

Es gibt keine fliegenden Eichhörnchen, auch wenn das auf einem Foto so aussieht. Das ist Jakob (r.) und seinem Bruder Simon klar. Aber manchen Bildern sieht man nicht so leicht an, dass sie bearbeitet wurden.

Unwahrheiten auf der Spur

• Auf www.mimikama.at werden Internetbetrug und online verbreitete Falschmeldungen aufgedeckt. Der Fokus liegt auf sozialen Medien. Der Verein Mimikama beantwortet auch Useranfragen und überprüft Gerüchte und Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt.
• Wer Englisch kann, findet auch bei snopes.com Artikel, in denen falsche Informationen, die sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreiten, richtiggestellt werden.
• Ein spannendes Tool ist die Bildersuche von Google, die auf Google Bilder mit dem Kamerasymbol rechts in der Suchleiste angesteuert werden kann. Dort können Bilder hochgeladen werden, und Google sucht dasselbe oder ähnliche Bilder. So lässt sich oft einfach überprüfen, ob ein Bild manipuliert wurde.

"Fakes können sehr viel Schaden anrichten"

Kommentar von Paul Kral, Geschäftsführer von know.learn&lead

Nichts Neues. Geschichten erfinden, Unwahrheit sagen, Dokumente, Bilder fälschen, all das hat es immer gegeben. Was ist neu an FAKES? Die Möglichkeit, frei erfundene Geschichten, manipulierte Bilder und Videos zu posten geht heute aus der Hosentasche.

Gut getarnt. Was soll ich als Leser im Internet bei Google, Facebook & Co nun glauben? Was kann stimmen? Kommt einem ein Bild, eine Geschichte eigenartig vor, dann nachfragen, die Homepage ansehen. Unsicher? Das Tools MIMIKAMA nutzen, mit anderen Onlinemedien vergleichen. Fake News sind schwer erkennbar, da sie im Netz oft kopiert werden und uns dadurch glauben machen, sie stimmen (haben ja so viele gepostet).

Gegencheck. Glaubt nicht alles, auch nicht Großstadtmärchen, Gesundheitswarnungen und Gerüchten, dass DEM DAS DORT passiert ist. Check. Gegencheck macht sicher.

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