Politik

„Wir wollen mehr Lohngerechtigkeit für Frauen“

Familien- und Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß über Kinderbetreuung, Familienförderung und die Gleichstellung von Mann und Frau.

Mit dem Familienbonus hat die Bundesregierung das Fördersystem für Familien auf neue Beine gestellt. Wer bekommt in Zukunft 1.500 Euro pro Kind und Jahr?
Über 950.000 Familien mit 1,6 Millionen Kindern profitieren vom Familienbonus Plus. Damit sinkt die Steuerlast um bis zu 1.500 Euro pro Kind und Jahr. Familien mit einem Kind und einem Bruttoeinkommen bis zu 1.700 Euro zahlen künftig keine Lohnsteuer mehr. Bereits ab einem Einkommen in dieser Höhe kann man den Steuerbonus voll ausschöpfen und hat pro Jahr 1.500 Euro mehr.

Warum halten Sie dieses Modell für besser als die alte Familienbeihilfe?
An der Familienbeihilfe ändert sich nichts. Der Familienbonus Plus ersetzt ab 2019 die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten und den Kinderfreibetrag. Da er unmittelbar die Steuer und nicht nur die Steuerbemessungsgrundlage vermindert, hat er eine höhere Entlastungswirkung. Familien haben mehr Wahlfreiheit, denn sie profitieren davon, egal von wem die Kinder betreut werden. Und der Familienbonus Plus steht auch für Kinder über zehn Jahren zur Verfügung. Ausgenommen vom Bezug des Familienbonus sind Jobsuchende.

Warum erhält diese Gruppe keine Familienförderung?
Erwerbstätige Eltern leisten mit Kindererziehung und Beruf einen doppelten Beitrag in unserer Gesellschaft. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, diese Gruppe zu entlasten.

Kritiker bemängeln die soziale Treffsicherheit des Familienbonus. So sollen die einkommensschwachen 30 Prozent der Bevölkerung nur 17 Prozent der Fördermittel erhalten. Was entgegnen Sie in diesem Punkt den Kritikern?
Familien mit kleinen und mittleren Einkommen profitieren am meisten: Liegt das Einkommen zwischen 1.070 Euro und 1.570 Euro, ist der Entlastungseffekt verhältnismäßig am größten. Alleinverdienerinnen und Alleinverdiener sowie Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher werden mit mindestens 250 Euro pro Jahr von den neuen Regelungen profitieren.

Welche zusätzlichen Möglichkeiten der Förderung können einkommensschwache Familien in Anspruch nehmen?
Ganze zehn Prozent des Bundesbudgets werden in Leistungen wie Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, den Familienbonus Plus, Schulbücher, Schülerfreifahrt und den Ausbau der Kinderbetreuung investiert.

Die Bundesregierung hat die Kürzung der Zuschüsse an die Länder für die Kinderbetreuung um 30 Millionen Euro jährlich beschlossen. Sie betonen aber immer wieder, dass es keine Einbußen beim Betreuungsangebot und der Betreuungsqualität geben wird. Was macht Sie da so sicher?
Der Bund leistet im Bereich der Kinderbetreuung eine Anschubfinanzierung. Den laufenden Betrieb sicherzustellen, ist Aufgabe der Länder. Da die Einrichtungen für Kinder über drei Jahren in Österreich schon sehr gut ausgebaut sind – hier liegt die Betreuungsquote bereits bei 95 Prozent –, braucht es in diesem Bereich keine Anschubfinanzierung mehr. Jetzt müssen wir den Fokus auf die Schaffung von Plätzen für unter Dreijährige legen.

Die Wirtschaft bemängelt ständig das Fehlen von Fachkräften. Gleichzeitig ist für gut ausgebildete Frauen der Wiedereinstieg ins Berufsleben ohne ausreichende Kinderbetreuung nur sehr schwer möglich. Wären hier nicht ein Ausbau der Kinderbetreuungsangebote und eine zusätzliche Investition in derartige Angebote der zielführendere Schritt?
Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind neben dem bedarfsgerechten Ausbau vor allem flexiblere und längere Öffnungszeiten wichtig. Deswegen werden wir hier weiter investieren. Ebenso fördern wir alternative Betreuungsformen wie Tageseltern. Eines möchte ich in diesem Zusammenhang aber auch betonen: Kindererziehung ist Elternarbeit. Hier sind Mütter und Väter gleichermaßen gefordert.

Sollte die Kinderbetreuung in Österreich nicht einheitlich geregelt werden?
Kinderbetreuung ist Sache der Bundesländer, und ich finde, das hat in der Vergangenheit sehr gut funktioniert.

Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor ein in der Öffentlichkeit nur zögerlich diskutiertes Thema, obwohl fast jede fünfte Frau von Gewalt in der Beziehung oder in der Familie betroffen ist. Welche Schritte wollen Sie als Frauenministerin setzen, um dieses tabuisierte Thema breiter an die Öffentlichkeit zu bringen?
Mir ist ein niederschwelliger Zugang zu Beratungsund Betreuungseinrichtungen wichtig. Die Hälfte des Frauenbudgets wird daher für Gewalt- und Opferschutz verwendet.

Befürchten Sie nicht, dass der Gewaltschutz bei Frauen angesichts der Themen Grenzschutz und Flüchtlinge zu kurz kommt?
Das denke ich nicht. Im Budget 2018 haben wir 200.000 Euro mehr für den Gewalt- und Opferschutz vorgesehen, damit die dort geleistete Arbeit in derselben Qualität wie bisher geleistet werden kann.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist für Österreichs Frauen in vielen Bereichen der Wirtschaft noch immer ein unerreichbares Ziel, verdienen sie doch im Durchschnitt für vergleichbare Arbeit um bis zu 30 Prozent weniger als Männer. Welche Maßnahmen wollen Sie als Frauenministerin setzen, um diesen Zustand zu ändern?
Wir haben gerade eine Initiative für mehr Lohngerechtigkeit für Frauen gestartet und Vertreter der Sozialpartner sowie Expertinnen und Experten zu einer ersten Arbeitsrunde ins Bundeskanzleramt eingeladen. Gemeinsam werden wir Maßnahmen zur Schließung der Lohnschere zwischen Mann und Frau diskutieren. Ein wichtiges Ziel ist es, mehr Einkommenstransparenz und in weiterer Folge eine Anhebung der Gehälter von Frauen zu erreichen.

Welche Maßnahmen zur Erleichterung des Wiedereinstiegs für Frauen ins Berufsleben nach der Karenz unterstützt das Ministerium?
Es ist ein explizites Gender-Budgeting-Ziel, dass 50 Prozent des Budgets der aktiven Arbeitsmarktförderung für die Förderung von Frauen zur Verfügung stehen. Dementsprechend bietet das AMS unterschiedliche Programme für Wiedereinstieg und Höherqualifizierung von Frauen an.

Wie wollen Sie die Väterkarenz für Österreichs Papas attraktiver machen?
Das Kinderbetreuungsgeld-Konto bietet viel Flexibilität, weil Eltern die Dauer der Inanspruchnahme individuell festlegen können. Außerdem wird mit dem Partnerschaftsbonus und dem Familienzeitbonus eine partnerschaftliche Aufteilung der Betreuungszeiten gefördert. Wie das Angebot genützt wird, evaluieren wir gerade. Danach werden wir uns ansehen, wie man Väterbeteiligung weiter erhöhen kann. Mir ist es wichtig, Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Kindererziehung nicht auf eine Person reduziert werden kann. Beide Eltern sind gleichermaßen gefordert.

„Zehn Prozent des Budgets gehen in Leistungen für Familien.“

Juliane Bogner-Strauß, Bundesministerin für Familie und Frauen

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