Medien

Wie viel online ist zuviel?

So erkennen Eltern Internet- oder Handy-Sucht bei ihren Kindern

Diese Frage zählt wohl zu den am meisten gestellten im Zusammenhang von Kindern und digitalen Medien: „Wie viel ist zu viel?“

Dabei gibt die Quantität der Nutzung von digitalen Medien alleine noch keine Auskunft darüber, wann ein Medienverhalten in den ungesunden Bereich kippt. Vielmehr geht es hier um die Intensität und den Content. Das sagt auch das medienpädagogische Handbuch der ISPA.

Den Begriff internetsucht gibt es übrigens schon seit 1995. Doch Smartphone, Tablet und PC sowie Computerspiele machen Kinder nicht unbedingt süchtig, dick und einsam, vorausgesetzt, es wird bei der Nutzung ein gesundes Maß eingehalten. Auf die Frage, wie viel zu viel ist, gibt es aber keine pauschale Antwort. Jedes Kind, jede Familie und jede Mediennutzung ist anders. Was für die einen Eltern in Ordnung ist, ist für andere bereits zu viel.

Wenig internetsüchtige Kinder

Die gute Nachricht ist: Nur sehr wenige Kinder sind tatsächlich Internet- oder Spiele-süchtig.  Das belegen zahlreiche Studien. Dennoch haben viele Eltern das Gefühl, dass ihre Kinder zu viel Zeit am Smartphone oder vor dem Computerbildschirm verbringen. Aber Quantität alleine bedeutet nicht automatisch, dass jemand süchtig ist. Es handelt sich hier um eine kulturelle Pathologisierung. Eltern nehmen das Verhalten ihrer Kinder eher als extrem wahr, da in diesem Fall auch eine technologische Lücke zwischen den Generationen eine Rolle spielt.

Bedenklich wird es, wenn das Onlineverhalten einen negativen Einfluss auf das Leben ausübt. Der Übergang von einem normalen, zugegebenermaßen nervigen Verhalten in ausgeprägte Sucht ist nicht eindeutig sichtbar. Denn etwas häufig zu tun ist noch nicht automatisch ein Problem. Viele Eltern finden, dass Internet du Co. Zeitverschwendung sind und sehen die Onlinezeit ihrer Kinder daher negativ, auch wenn diese keinen negativen Einfluss auf diese hat, etwa in der Schule und sie auch ganz normale „soziale“ Kontakte unterhalten.

So erkennt man eine echte Abhängigkeit:

Diese Faktoren weisen darauf hin, dass eine Abhängigkeit vorliegen könnte.

  • Auffälliges Verhalten des Kindes
  • Stimmungsänderungen: Das Verhalten wird regelmäßig dazu genutzt, die Laune zu beruhigen oder sie im Gegenteil besonders zu stimulieren, etwa durch das Spielen von Onlinespielen
  • Toleranzaufbau: Das Kind braucht mehr und mehr von etwas, um dieselben ursprünglichen Ergebnisse zu erzielen. Etwas, etwa Onlinespiele, werden immer öfter, immer länger und immer intensiver betrieben
  • Entzugserscheinungen: Kann der Sucht nicht nachgegangen werden, gibt es Entzugserscheinungen wie Frustration, Ängstlichkeit oder Wut. Das kann sich auch in physischen Symptomen niederschlagen, etwa in Migräne, Bauchschmerzen oder Schlafstörungen
  • Konfliktpotenzial: Die Sucht hat Auswirkungen auf Arbeit, Schule und soziale Beziehungen. Sie beeinflusst das Leben so sehr, dass wenig oder keine Zeit für anderes bleibt
  • Rückfall: Es kommt zum Kontrollverlust. Auch wenn man sich der Sucht entziehen will, kommt es zu Rückfällen. Bei Kindern ist dies besonders schwer zu beurteilen, da sie – wie übrigens bei vielen anderen Dingen auch – die Fähigkeit, sich selbst einzuschränken, erst lernen müssen. Das Suchtverhalten ist bei einem Rückfall jedenfalls sofort wieder in voller Ausprägung da.

Handlungstipps für Erwachsene

  • Vorbild sein: Wenn Mama und Papa beim Abendessen ununterbrochen in ihr Handy starren, dann denken sich Kinder, dass das völlig normal ist. Wer die Nutzung von Smartphone, Tablet oder PC bei Kindern auf ein vernünftiges Maß begrenzen will, der muss es auch bei sich selbst machen. Kinder lernen durch Nachahmung, das gilt auch für den Medienkonsum.
  • Einflussfaktoren minimieren: Sucht wird durch Faktoren wie dem Zugang, der Erschwinglichkeit oder der sozialen Akzeptanz beeinflusst. Wenn ein Kind einfachen und ständigen Zugang zu einem Smartphone oder dem Internet hat, hat das Auswirkungen auf die Nutzungsintensität und kann Suchtverhalten begünstigen. Besonders sehr junge Kinder sollten nicht uneingeschränkten Zugang zu digitalen Medien haben und bei deren Nutzung durch die Eltern begleitet werden.
  • Grenzen erkennen: Wichtig ist, dass Eltern einerseits Grenzen setzen, andererseits aber auch Freiräume für die individuelle Entfaltung des Kindes lassen. Das Setzen von Grenzen können Kinder nur durch elterliche Unterstützung erlernen. Pauschale Verbote reichen dabei nicht, es müssen auch ausführliche Erklärungen sein, denn willkürliche und für Kinder nicht nachvollziehbare Sperren und Verbote werfen von diesen nicht ernst genommen. Eine Möglichkeit sind fest vereinbarte Nutzungszeiten. Eltern sollten dabei immer bedenken, dass es auf einen gesunden Mix von Schule, Freizeit, Sport, Familie sowie Freundinnen und Freunde ankommt.
  • Alternativstrategien anbieten: Es reicht nicht aus, Kinder pauschal aufzufordern, doch einmal „was anderes zu machen“. Eltern sollten hier konkrete alternativen vorschlagen, etwa gemeinsam zu spielen oder gemeinsame Zeit mit den Kindern zu verbringen. Das ist für die meistens attraktiver als die Nutzung von technischen Geräten.
  • Spielerisch dagegen arbeiten: Aus dem aktiven beiseitelegen des Smartphones kann man auch ein Spiel machen. So können alle bei einem gemeinsamen Essen die Handys mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch legen. Wer am längsten durchhält, nicht nach dem eigenen Handy zu greifen, erhält ein zweites Stück vom Nachtisch.
  • Nicht bei allem mitmachen: Speziell jüngere Kinder müssen erst lernen, dass nicht jeder Trend und jede Bewegung des Schwarms nachgemacht werden muss. Eltern tun daher ihren Kindern keinen Gefallen, wenn sie ihnen immer alles ermöglichen und alles erlauben.
  • Kommunikationsstress entgegenwirken: Auch das Verlangen, ständig mit der Außenwelt in Kontakt zu treten, ist eine Art von sucht. Das Smartphone wird so zum Lückenfüller bei Einsamkeit und Leere. Daher ist es wichtig, dass Eltern Kindern helfen zu begreifen, dass nicht jeder Like und jede WhatsApp-nachricht lebensnotwendig ist. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass man Klingeltöne und Nachrichten auch auf stumm schalten kann, damit man sich nicht ständig unter Druck gesetzt fühlt, zu lesen und zu antworten.
  • Kein „ruhigstellen“: Smartphones, iPads und Co sind nicht die geeigneten Mittel, um Kinder „ruhigzustellen“ und dauerhaft zu beschäftigen. Das mag bei einer längeren Autofahrt in Ordnung sein, im Alltag sollte es die Ausnahme bleiben. Eltern müssen sich darüber klar sein, dass auch Kinder im Alltag Leerläufe brauchen, um die Batterien wieder aufzuladen. Und Kinder müssen lernen, sich mit sich selbst zu beschäftigen und mit Langeweile umzugehen. Im späteren Leben werden sie nämlich auch nicht ununterbrochen bespaßt und unterhalten. Wer bei Langeweile immer ein elektronisches Gerät vor die Nase gesetzt bekommt, wird sich auch im weiteren Leben auf Geräte und nicht auf sich selbst verlassen.

Notrufnummern und Hilfe bei Onlinesucht

 

 

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