Bildung

Wie Sie Ihr Kind sinnvoll bei den Hausübungen unterstützen

Die Schule ist auch daheim präsent. Allein das Thema Hausaufgaben sorgt in vielen Familien für tägliche Konflikte. Wie können Eltern ihre Kinder sinnvoll unterstützen? Tipps von Experten.

Wie Sie Ihrem Kind sinnvoll bei den Hausübungen unterstützen

Kinder sollen gerne zur Schule gehen, ihre Hausübungen gewissenhaft und verlässlich erledigen, sich das Gelernte möglichst merken und sich rechtzeitig und gut auf alle Tests, Prüfungen und Schularbeiten vorbereiten. So weit die (frommen) Wünsche der Eltern und Lehrer. Denn es gibt kaum eine Familie, wo die Sache mit dem Lernen und den Hausaufgaben problemlos – und nachhaltig – funktioniert.

Viele Eltern beklagen sich darüber, dass ihre Sprösslinge oft viel zu spät zu lernen beginnen, dabei nur das absolute Minimum machen und die Hausaufgaben meist, wenn überhaupt, schnell und schleißig „absingen“. Die Sicht der Kinder: „Alles zu viel“, sprich Überforderung, „Wozu überhaupt jeden Tag Hausübungen?“, sprich fehlende Sinnhaftigkeit oder „Ich mach’s ja eh“, sprich mangelnde Motivation sowie „Das nervt voll“, sprich Widerstand. Fest steht: Hausaufgaben bringen auf Dauer Stress in den Familienalltag. Zwar sollen sie der „Übung und Festigung des Gelernten dienen“ und den Eltern auch „einen Einblick in den Unterricht erlauben“, de facto aber sind sie ein massiver Störfaktor an Nachmittagen, Abenden und am Wochenende.

Intellektueller Hausfriedensbruch

„Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch“, sagte einmal medienwirksam der frühere Vorsitzende des deutschen Bundeselternrats, Hans-Peter Vogeler, und fügte erklärend hinzu: „Überlegen Sie mal, wie viel Streit in eine Familie kommt und wie das Zusammenleben durch sie beschädigt wird.“ Manche Bildungssoziologen zeigen weitere Problembereiche auf, etwa die „Bildungs(un)gerechtigkeit“. Sie leide ebenfalls unter den Hausaufgaben, da diese je nach sozialer Herkunft die Kluft zwischen den Schülern verschärfen: Wo im Elternhaus Ressourcen und Vorbildung vorhanden sind, gibt es tendenziell mehr Förderung als in Familien ohne akademischen Bildungshintergrund.

Einige Erziehungswissenschaftler und Pädagogen, darunter etwa Professor Hans Gängler von der Fakultät Erziehungswissenschaften der TU Dresden, meinen außerdem: „Gute Schüler werden durch Hausaufgaben nicht unbedingt noch besser, und schlechte Schüler begreifen zu Hause durch bloßes Wiederholen noch lange nicht, was sie schon am Vormittag nicht verstanden haben.“ Last, but not least beschäftigen sich etliche Bücher mit dem Thema Hausübungen und „sinnerfülltes Lernen“. Oder eben mit dem Gegenteil: In seinem Werk „The Battle Over Homework“ hat beispielsweise Harris Cooper, Professor für Psychologie und Neurowissenschaften an der Duke University in North Carolina (USA), die Erkenntnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit sowie daraus abgeleitete praktische
Tipps niedergeschrieben. Grundsätzlich kommt der Wissenschaftler anhand seiner Erfahrungen und der Studie „Homework: A Research Synthesis with Implications for Policy and Practice“ zu dem Schluss:

Hausaufgaben schaden mehr, als sie nutzen. Zumindest, wenn ihre Vergabe und Abhandlung, so wie heute oft üblich, undifferenziert und automatisiert erfolgen. Denn: Sie machen schlicht und einfach keinen Spaß. Was zur Folge hat, dass die Schule von den meisten Kindern (spätestens ab Gymnasium bzw. NMS) mit Anstrengung und dem Gefühl eines Widerwillens verbunden wird.

Ängste, Druck und Motivation

Dennoch werden Hausaufgaben vermutlich auch weiterhin zum Schulalltag gehören. Wie kann man nun – sinnvoll – diesem familiären Dauerbrenner am besten begegnen? Und welche innere Haltung, Strategien und Verhaltensweisen empfehlen erfahrene Lerncoaches leidgeprüften Eltern?

Ob ein Kind sich wirklich bemüht, wenig Widerstand zeigt und bei Misserfolgen nicht aufgibt, ist hauptsächlich damit verknüpft, wie sehr es motiviert ist. „Wir finden es gut, wenn man Kindern keinen Leistungsdruck aufsetzt, der Stress und Ängste auslöst. Das bedeutet aber nicht, dass Eltern auf jede Forderung verzichten
sollten“, sind die beiden Psychologen und Leiter der Akademie für Lerncoaching in Zürich, Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler, überzeugt. Im Rahmen
der Schweizer Elternbildung halten die Experten fest: „Wenn wir unsere Kinder fordern wollen, ohne Ängste zu schüren, müssen wir nur darauf achten, wie die Forderung aussieht. Solche nach guten Noten führt deshalb bei vielen Kindern zu Ängsten, weil es von vielen Faktoren abhängt, wie die Prüfungsresultate aussehen. Das Kind kann das Ergebnis beeinflussen, aber nicht kontrollieren. Bezieht sich die Forderung jedoch auf die Vorbereitung, kann es dieser nachkommen. Sie könnte etwa lauten: Die Hausaufgaben werden vor dem Abendessen und sorgfältig erledigt. Oder: Mit der Vorbereitung von Prüfungen wird drei Tage vor der
Prüfung begonnen.“

Hausübungen machen: Alles eine Frage der Motivation?

Für Kinder seien klare Forderungen sinnvoller als ständige Diskussionen, bei denen irgendwann der Schalter „auf Durchzug“ umgelegt wird. Fabian Grolimund, der dazu auch ein Buch geschrieben hat: „Viele Eltern möchten, dass ihr Kind ,von sich aus will und motiviert ist‘. Wenn wir jedoch genauer hinsehen, bedeutet
dies: Es ,soll von sich aus wollen, was wir von ihm wollen‘. Das ist etwa so, als würde uns jemand sagen: ,Du musst die Steuererklärung ausfüllen – das reicht aber nicht, du musst es auch noch wollen.‘ Es ,selbst wollen dürfen zu müssen‘ ist keine Freiheit und wir würden uns zu Recht dagegen wehren.“

 

Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen?

Als ebenso problematisch erachten die Experten das häufige Motto „Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen“ – verbunden mit dem Vorschlag, sich nach dem Lernen eine Belohnung zu gönnen. Der Grund: Eine solche Haltung impliziert, dass die Arbeit oder das Lernen kein Vergnügen sein kann. Besser: „Wer beim Kind die Freude am Lesen, Lernen oder Hausaufgabenmachen wecken möchte, sollte es nicht nach dem Lernen ,belohnen‘, sondern währenddessen z. B. für eine
schöne Atmosphäre sorgen.“

Tipps zu Hausaufgaben: Begleiten statt einmischen!

Der Einfluss der Eltern auf die Schullaufbahn ihres Kindes kann positiv, aber auch negativ sein. Wer Interesse zeigt, das Kind stärkt, es beim Lernen liebevoll begleitet und seine Selbstständigkeit fördert, macht einen guten „Job“.

Mütter und Väter, die sich übermäßig einmischen, ihr Kind zu stark kontrollieren und sich in regelmäßige Konflikte rund um das Lernen und die Hausaufgaben verwickeln lassen, werden die Motivation des Kindes hingegen auf Dauer schwächen. Es sind die kleinen Dinge im Alltag, die letztendlich den Unterschied machen. Wie kleine Gewichte in einer Waage bestimmen die Eltern, in welche Richtung sich die Schalen mit der Zeit bewegen. So kann auch jeder jeden Tag neu entscheiden, in welche der zwei Waagschalen er mehr Gewichte legt.

Positive Gewichte

Selbstständigkeit fördern

  • Zu mehr Selbstständigkeit ermutigen: „Was meinst du, schaffst du diese Aufgabe allein?“
  • Selbstständiges Lernen wertschätzen: „Schön, dass du das selbstständig gemacht hast!“
  • Neben dem Kind einer eigenen Arbeit nachgehen, damit es sich nicht allein fühlt: „Ich mache meine E-Mails. Willst du mir Gesellschaft leisten?“
  • Weniger erklären, mehr Fragen stellen und das Kind zum Experten machen: „Weißt du noch, was die Lehrerin dazu gesagt hat?“ „Kannst du mir das erklären?“

Mit dem Kind ein Team bilden

  • Dem Kind zugestehen, dass die Hausübungen nicht immer Spaß machen: „Ich weiß, dass du das nicht magst …“
  • Die Verantwortung beim Kind lassen: „Warum du das lernen musst? Das ist eine gute Frage. Stell die morgen der Lehrerin.“
  • Motzen bewusst zulassen, anstatt dagegen anzureden: „Weißt du was? Du lästerst jetzt mal richtig über die Hausübung ab und ich höre dir einfach zu.“
  • Nur helfen, wenn das Kind die Hilfe auch annimmt. Bei aufkommendem Ärger auf beiden Seiten das Lernen unterbrechen.
  • Die Anstrengungsbereitschaft fördern: „Seit du mehr übst, bist du viel besser geworden!“ „Schön, wie viel Mühe du dir gibst!“

Für gute Lernbedingungen sorgen

  • Regelmäßig kurze Pausen einlegen.
  • Das Kind dort lernen lassen, wo es sich wohlfühlt.
  • Mit dem Zeitpunkt, wann die Kinder die Hausaufgaben erledigen, experimentieren.

Negative Gewichte

Nörgeln, drohen, Druck machen

  • Das Kind für Fehler kritisieren: „Das haben wir doch gestern schon geübt!“
  • Drohen: „Jetzt konzentriere dich endlich, sonst wird das nichts bei der Prüfung!“
  • Druck aufsetzen: „Jetzt mach mal weiter, das dauert ja ewig!“
  • Vorwürfe machen: „Warum hast du das jetzt wieder falsch gemacht?“ „Schon wieder eine schlechte Note … ich hatte dir doch gesagt, dass du den Test am Ende nochmals durchlesen sollst!“ „Ständig lässt du dich ablenken!“

Sich übermäßig einmischen

  • Das Kind ständig an die Hausaufgaben erinnern.
  • Hilfe aufdrängen.
  • Die Hausübungen gegen den Willen des Kindes überprüfen und nachbessern lassen.
  • Dem Kind zu stark vorschreiben, wo, wann und wie es die Hausaufgaben zu erledigen hat.
  • Ewige Diskussionen über die Hausaufgaben führen.
  • Neben dem Kind sitzen und es beim Erledigen der Hausübungen überwachen.

Am Kind zweifeln

  • Dem Kind negative Eigenschaften zuschreiben: „Du bist so ein Chaot.“ „Du hast ein Gedächtnis wie ein Sieb.“ „Bei deiner Arbeitshaltung sehe ich
    schwarz.“ „Intelligent, aber faul – das ist unser Sohn.“
  • Begabung und Talent betonen: „Mathe liegt dir einfach nicht, du bist halt sprachbegabt.“ „Ich war auch immer schlecht in der Rechtschreibung (bzw.
    in der Schule), das liegt in der Familie!“

So klappt es besser

Zusammengefasst helfen folgende Richtlinien:

  • Stellen Sie klare Forderungen – und bleiben Sie dabei bzw. achten Sie auf deren konsequente Umsetzung. Solange Sie eine Forderung aufstellen, der das Kind gut nachkommen kann und die es nicht überfordert, entsteht kein ungünstiger Druck.
  • Zollen Sie den Leistungen Ihres Kindes Respekt, wenn Sie sehen, dass es sich bemüht. Positive Kommentare, Lob und Anerkennung sind essenzielle Motivatoren. Es geht um das Engagement des Kindes, Anmerkungen über Intelligenz oder Begabung sollten Sie unterlassen.
  • Nörgeln Sie nicht nachträglich, sondern unterstützen Sie rechtzeitig. Falls das Kind z. B. die Hausaufgaben vor dem Abendessen erledigt haben soll, können
    Sie es schon am Nachmittag daran erinnern, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt damit anfangen soll.
  • Last, but not least: Bedenken Sie, was Ihr eigener Leistungsanspruch ist und was davon Sie auf Ihr Kind projizieren. Inwieweit ist es wirklich notwendig und
    sinnvoll? Und vergessen Sie nicht: AuchKinder haben mal einen Durchhänger oder erleben eine psychische oder emotionale Talfahrt. Es gibt entwicklungspsychologisch bedingt einfach Zeiten, in denen sich Kinder für alles andere mehr interessieren als für die Schule. In dieser Phase kann man mit seinem Kind vereinbaren, dass ihm auch mal anderes wichtiger sein darf, man aber ein Kriterium festlegt, das als Warnsignal gilt. Beispiel: Sobald in einem Fach eine ungenügende Note zurückkommt, bereitet es sich auf die nächste Prüfung besser vor. 

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Insgesamt 0 Beiträge

Wir setzen Cookies auf dieser Website ein, um Zugriffe darauf zu analysieren, Ihre bevorzugten Einstellungen zu speichern und Ihre Nutzererfahrung zu optimieren. weitere Informationen

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Close