Gesundheit

Von der Natur bewerkstelligt

Es gibt einen Trend zu möglichst natürlichen Geburten, den Krankenhäuser unterstützen. Hebammen und Ärzte sind hier Beobachter, Unterstützer und bilden ein Sicherheitsnetz.

Eine Geburt ist ein natürlicher Vorgang, keine Krankheit. Unter diesem Motto und Grundsatz arbeitet die Geburtshilfe im St. Josef Krankenhaus in Wien, aktuell Wiens größte Geburtshilfestation, unter der Leitung von Andreas Brandstetter. Nach längeren Planungen und Umbauten war es im Jänner 2019 soweit, und das Spital hat sein neues Eltern-Kind-Zentrum, bestehend aus einer großen Geburtshilfe und einer neuen Kinderabteilung mit Neonatologie, eröffnet. Mit der eingangs erwähnten Philosophie ist das St. Josef nicht alleine, immer mehr werdende Mütter, Familien, Ärzte, Hebammen und Krankenschwestern betonen die Geburt als natürlichen Vorgang, der seit Menschengeschichte Teil dieser ist und grundsätzlich von der Natur bewerkstelligt wird. Das Krankenhauses und sein Personal sehen sich hier in erster Linie als Beobachter, Unterstützer und als Sicherheitsnetz. Kommt es bei der Geburt zu Problemen, sind diese da und helfen den Müttern und Kindern.

Hebammenzentriert

Eine zentrale Rolle nehmen hier naheliegend die Hebammen ein – das ganze System hat den Namen Hebammengeburt bekommen. Die gesamte Geburt wird von Hebammen begleitet, und diese haben die entscheidende Rolle. Das österreichische Hebammengremium fast das so zusammen: „Sie überwacht den Geburtsverlauf, unterstützt die Gebärende und erkennt Anzeichen von Regelwidrigkeiten bei der Mutter oder beim Kind, die eine ärztliche Rücksprache oder ein Eingreifen erforderlich machen. Bei ärztlichen Eingriffen ist die Hebamme unterstützend tätig. Sie ergreift auch notwendige Maßnahmen in Notfällen und wenn kein Arzt anwesend ist.“

Diese Arbeitsweise hilft auch den Frauen, die nicht nur dank des Internets immer besser informiert sind und mündig und mit eigenen Vorstellungen ins Krankenhaus kommen. Das Krankenhaus hat das Ziel, deren Ideen individuell zu ermöglichen und die Mütter bestmöglich zu unterstützen. Dies betrifft nicht zuletzt die Geburt selbst und die unterschiedlichen Positionen, in denen diese möglich ist. Von einer in den Köpfen weit verbreiteten und „Maikäfer“ genannten Position rückt man hier weitgehend ab, neben Gebärbadewannen wird immer öfter eine aufrechte Gebärposition bevorzugt. In diesen unterstützt die Schwerkraft die Geburt mit Hilfe von Gebärhockern, dem Vierfüßestand oder auch an den Wänden montierten Tüchern, an denen sich die Mütter festhalten und stützen können. Birgit Krenauer, Hebamme und Leiterin der Geburtshilfe im St. Josef, über die verschiedenen Positionen: „In unserer Erfahrung ist es oft nicht so, dass eine Geburt in einer durchgehenden Position stattfindet, sondern dass die Mütter diese wechseln, und wir unterstützen sie dabei.“

Geburten werden in Österreich in erster Linie von Hebammen geleitet, die die Mütter bestmöglich nach deren Wünschen unterstützen.

Der Natur eine Chance geben

Als Sicherheitsnetz dienen Krankenhäuser durch ihr medizinisches und ärztliches Personal und durch die entsprechende Ausstattung. „Wenn das Baby etwas braucht, haben wir das nötige Equipment“, erklärt Andreas Brandstetter: „Wir sind auch für Notfälle gerüstet. Das kommt glücklicherweise höchst selten vor, aber wenn es nötig ist, kann ein Kind hier auch beatmet werden.“ Krankenhäuser wie das St. Josef reagieren auf diese Bedürfnisse auch baulich und sorgen für immer kürzere Wege zwischen den entsprechenden Zimmern – sollte etwa ein Kaiserschnitt nötig sein, kann so rasch reagiert werden. Es gibt im St. Josef auch eine neonatologische Überwachungsstation, und Anästhesisten sind immer vor Ort.

Ambulante Geburt

Zu den Hebammen nehmen Frauen in den meisten Fällen zwischen der 28. und der 32. Schwangerschaftswoche Kontakt auf, es gibt eine Hebammenambulanz und Informationsveranstaltungen zu Themen wie Schmerztherapie oder auch PDA, der Periduralanästhesie, bei der die Schmerzübertragung ans Gehirn unterbunden oder vermindert wird. Frauen, die nach einer Geburt im Wochenbett liegen, sind nicht krank, sie werden aber auch dort von den Hebammen unterstützt. Gefördert wird im St. Josef auch die sogenannte „Ambulante Geburt“, bei der die Mütter und Kinder das Spital relativ kurz nach der Geburt wieder verlassen und nach Hause fahren. Entscheidend dafür ist, dass die weitere Betreuung durch eine Hebamme vereinbart ist, ebenso wie Besuche bei einem oder durch einen Kinderarzt, der die auch für den Mutter-Kind-Pass nötigen Untersuchungen vornimmt. Die Kosten für die weitere Betreuung durch eine Hebamme können über die Krankenkassa abgerechnet werden, allerdings gibt es in Wien nur 13 Hebammen in diesem Bereich. Darüber hinaus gibt es Wahlhebammen, deren Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Diese können auch die Geburt leiten – müssen allerdings in den Krankenhäusern bestimmte Auflagen erfüllen, etwa eine bestimmte Anzahl von Geburten, die sie im jeweiligen Spital haben, damit sie den Betrieb entsprechend gut kennen.

BiBirgit Krenauer, Hebamme und Leiterin der Geburtshilfe im St. Josef, gemeinsam mit Andreas Brandstetter, Vorstand der Abteilung für Gynäkologie & Geburtshilfe
In unserer Erfahrung ist es oft nicht so, dass eine Geburt in einer durchgehenden Position stattfindet, sondern dass die Mütter diese wechseln, und wir unterstützen sie dabei.

Birgit Krenauer & Andreas Brandstetter

Zitatzeichen

Vorbereitung

Seit vielen Jahren gibt es ein wachsendes Angebot an Tees und Nahrungsergänzungen vom Heublumendampfbad über den Wehentee bis zu Nelkenteetampons oder anderen Hilfsmitteln wie etwa einem aufblasbaren Gerät, das helfen soll, während der Geburt Dammverletzungen zu vermeiden. „Wir beraten die Frauen hier gerne und geben Informationen weiter“, erzählt Birgit Krenauer: „Ob und für welche davon sich die Frauen entscheiden, wird vollkommen diesen überlassen.“

Medizinisch hält Andreas Brandstetter eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Eiweiß und wenig Kohlenhydraten bei der Ernährung für ausreichend. Es gibt jedoch eine Ausnahme: „Weil das Rückenmark eines Babys in den ersten neun Tagen angelegt wird und Frauen hier teilweise noch nicht wissen, dass sie schwanger sind, kann schon ab dem Kinderwunsch und dem Versuch, ein Kind zu kriegen, die Einnahme von Folsäure-Tabletten hilfreich sein.“ Das Vitamin spielt bei Wachstumsprozessen und in der Zellteilung eine wichtige Rolle. Da sich die Blut bildenden Zellen sehr häufig teilen, ist Folsäure für die Blutbildung sehr wichtig.

Das St. Josef Krankenhaus ist als Babyfriendly zertifiziert und fördert so unter anderem auch das Stillen oder die Vermeidung von Schnullern. Dies bedeutet aber nicht, dass Frauen hier zum Stillen überredet werden, es wird aber durchaus in diese Richtung beraten. So wie überhaupt in allen Bereichen die Mütter ihre Ideen und Vorstellungen mitbringen sollen – und die Hebammen und die Spitäler sind dann dafür da, sie bei der Umsetzung dieser zu unterstützen oder auch mit neuen Ideen zu beraten. Deswegen können und sollen auch Philosophien wie die Unterstützung einer natürlichen Geburt zwar als Leitlinien dienen, aber nicht zum unumstößlichen Dogma werden, auf das nicht entsprechend anders reagiert werden kann. Das Wohl der Mütter und Kinder und deren Sicherheit sind die höchsten Werte, wenn es um Geburten geht.

Krankenhäuser reagieren baulich auf die Anforderungen und sorgen für kurze Wege zwischen den Räumen.

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