Bildung

Ungleiche Bildungschancen

Kinder aus sozial schwächeren Familien haben in Österreich laut OECD-Studie nach wie vor schlechtere Bildungschancen in der Schule als Akademikerkinder.

noten noch schnell verbessern

Laut einer soeben veröffentlichten Studie der OECD „Equity in Education“ über die Durchlässigkeit des Bildungssystems schneidet Österreich hier im Vergleich zu anderen hochentwickelten westlichen Nationen schlecht ab. Hierzulande erreichen 43,1 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten selbst einen Hochschulabschluss, aber nur 10,1 Prozent der Kinder, deren Eltern keinen Maturaabschluss vorzuweisen haben. Damit liegt Österreich in Sachen Durchlässigkeit des Bildungssystems und Bildungschancengleichheit für alle Schüler nur an der 26. Stelle.

Zum Vergleich: In Japan, in dieser Studie auf Platz 1, schaffen 75,2 Prozent der Akademikerkinder und 24,2 Prozent der Nichtakademikerkinder einen Hochschulabschluss, in Korea sind es 74,9 bzw. 27,5 % in Israel 73,8 bzw. 31.2 Prozent. Die im internationalen Vergleich höchste Durchlässigkeit im Bildungssystem gibt es in Neuseeland, wo 39,3 Prozent aller Kinder, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben, selbst einen tertiären Bildungsgrad erreichen.

Ghettoisierung der Schulen

Der Grund für das schlechte Abschneiden Österreichs in diesem wichtigen Qualitätsmerkmal von Bildungssystemen ist schnell gefunden. Es mangelt an der Durchmischung der Bildungseinrichtungen von benachteiligten und weniger benachteiligten Kindern. Viele benachteiligte Kinder finden sich vor allem im städtischen Raum in sogenannten Brennpunktschulen wieder, deren Bildungsniveau entsprechend niedrig ist und wo die Aufstiegschancen für Kinder deutlich geringer sind als an Schulen mit einem höheren Durchmischungsgrad. Dazu kommen Mängel in der frühkindlichen Entwicklung, vor allem in der Ausbildung der Deutschkenntnisse im Kindergarten.

Die OECD sieht viele Möglichkeiten, die Bildungschancen besser auf alle Kinder aufzuteilen. Vor allem bei Kindern mit ausländischen Wurzeln muss die frühkindliche Bildung, vor allem die Sprachbildung, noch stärker ausgebaut werden. Gleiches gilt für Kinder aus armutsgefährdeten Familien, denn geringes Einkommen der Eltern ist ebenfalls ein Hauptgrund für mangelnde Aufstiegschancen im Bildungssystem. Wichtig ist auch, dass sich Kinder aus sozial benachteiligten Schichten weniger in bestimmten Schulen konzentrieren als das derzeit der Fall ist.

 

Politik will reagieren

„In den letzten Jahren wurden auch bei uns Ungleichheiten und mögliche Defizite allzu oft kaschiert und im Sinne der Betroffenen nicht gelöst. Vor allem an den Schnittstellen von Kindergarten zur Volksschule sowie von der Volksschule zu den weiterführenden Schulen finden die Talente aber auch der Förderbedarf von Kindern nicht genügend Aufmerksamkeit“, so Bildungsminister Heinz Faßmann zur  OECD-Studie „Equity in Education“.

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Talentechecks sollen zu mehr Durchlässigkeit führen

Der Bundesminister sieht sich durch die Handlungsempfehlungen der Studie in seiner Schwerpunktsetzung bestätigt: „Um der Benachteiligung von Kindern bereits früh entgegenzuwirken, konzentrieren wir uns darauf, bereits an der Schnittstelle vom Kindergarten zur Volksschule speziellen Förderbedarf festzustellen. Auch die Talentechecks vor den Bildungsübergängen in der 3. und 7. Schulstufe sollen zu mehr Durchlässigkeit führen“, so der Minister und weiter: „Mit den neuen Beurteilungsrastern wollen wir für mehr Notenwahrheit sorgen und durch präziseres Feedback garantieren, dass Förderbedarf rechtzeitig freigelegt wird, sodass man im Sinne der Schülerinnen und Schüler frühzeitig reagieren kann. Dafür soll unter anderem auch der bedarfsorientierte verpflichtende Förderunterricht sorgen.“

In manchen Bundesländern in Österreich ist fast ein Fünftel der Kinder im Alter von sechs Jahren noch nicht schulreif, etwa 36.000 Schülerinnen und Schüler werden als außerordentliche Schüler geführt, da sie dem Unterricht nicht folgen können. Sie verbleiben zwei Jahre lang ohne Benotung in den Klassen. Die gezielte Förderung der Unterrichtssprache im Rahmen der Deutschförderklassen ist hier ein richtiger und notwendiger Schritt, so der Minister: „Ich möchte, dass Kinder, die einen eklatanten Leistungsrückstand haben, diesen Rückstand möglichst früh aufholen können, nicht erst am Ende ihrer Volksschulzeit.“

Vorschulische Bildung ist entscheidend

Die OECD-Studie empfiehlt, insbesondere den frühen Zugang zu vorschulischer Bildung zu forcieren, besonders bei sozioökonomisch benachteiligten Kindern. Überdies sollten Länder außerdem ehrgeizige Ziele für die Fortschritte benachteiligter Schülerinnen und Schüler festlegen und ihren Fortschritt überwachen, zusätzliche Ressourcen für benachteiligte Schülerinnen und Schüler sowie Schulen zur Verfügung stellen und die Konzentration von benachteiligten Schülerinnen und Schüler auf bestimmte Schulstandorte reduzieren.

Auch die Einbeziehung der Eltern von benachteiligten Schüler/innen sei eine wichtige kompensatorische Maßnahme, so der Bericht. Dies ist auch Bundesminister Faßmann wichtig, der sich verpflichtende Aufklärungsgespräche mit den Eltern wünscht. Mit dem Aktionsplan für sogenannte Brennpunktschulen plane man, sich österreichweit jenen Schulen zu widmen, deren überwiegend bildungsferne Schülerschaft bei den Bildungsvergleichstests schlecht abschneidet.

Opposition fordert Ausbau der Ganztagesschulen

„Die heute präsentierte OECD-Studie über Chancengleichheit im Bildungssystem bestätigt einmal mehr unsere Kritik, dass Bildungschancen in Österreich besonders ungleich verteilt sind“, sagt SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid. Doch anstatt dem entgegenzuwirken und begonnene Maßnahmen fortzuführen, wird das Rad unter Schwarz-Blau sogar zurückgedreht, kritisiert die ehemalige Bildungsministerin. Die Forderungen der SPÖ: Umsetzung des Chancenindex für die Schulen, 5.000 zusätzliche LehrerInnen an „Brennpunktschulen“, kostenlose Nachhilfeangebote in ganz Österreich und rascher Ausbau der Ganztagsschulen.

Hammerschmid: „Es ist zutiefst ungerecht, wenn die Chancen von Kindern auf Bildung vom Einkommen und dem sozialen Background der Eltern abhängen. Diesen Zusammenhang gibt es wohl in allen Ländern, in kaum einem aber so stark wie in Österreich. Fast nirgendwo sonst wird Bildung so stark vererbt – und sind die Chancen damit so ungleich verteilt.“

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