„Nehmen Sie Druck heraus: Orgas - kann, nicht Orgas - muss!“

Petra Steiner www.petrasteiner.at
Moms only

„Üben Sie Selbstbefriedigung!“

PETRA STEINER, 42, Lebenspartner Christian, Valentina, 3, diplom. Lebensberaterin, Sexualberaterin, Wien.

Kommen Frauen zu Ihnen in die Beratung, die noch nie einen Orgasmus erlebt haben?
Ich bin sehr häufig mit dieser Thematik beschäftigt. Frauen berichten, dass sie noch nie einen Orgasmus hatten oder darüber im Ungewissen sind. In den allermeisten Fällen haben sie sich noch nie selbst befriedigt. Sie empfinden eine tiefe Scheu davor, sich intim zu berühren oder lehnen das sogar vehement ab. Also kennen Sie Ihren Körper in dieser Hinsicht nicht und haben keine Ahnung, welche Berührungen in welcher Intensität nötig sind, um sich in lustvolle Höhen zu bringen. Und sie kommen, weil sie das ab nun ändern wollen.

Welche Gründe gibt es dafür, dass Frauen Angst vor Selbstbefriedigung haben oder keinen Orgasmus erleben?
Die Gespräche zeigen, dass betroffene Frauen oft ähnliche Vorgeschichten haben: Die Eltern waren distanziert, und es gab wenig Nähe und liebevolle Zuwendung. Über das Thema Sexualität wurde negativ oder gar nicht gesprochen, und Aufklärung seitens der wichtigsten Bezugspersonen fand kaum oder gar nicht statt. Die Weiblichkeit wurde abgewertet oder in irgendeiner Weise verletzt. Der Körper galt als „Funktionsmittel“ und nicht als „Genussmittel“. Möglicherweise existierte ein stark religiöser Hintergrund, wodurch Selbstbefriedigung als abstoßend bewertet wurde. Es können auch seelischer und/oder körperlicher Missbrauch, Gewalterfahrungen, oder unverarbeitete Verlusterlebnisse die Ursachen für die Unfähigkeit sein, einen Orgasmus zu erleben.

Was können betroffene Frauen nun tun?
Irgendwann steigt in vielen Frauen die Frustration, und das kann der Rückenwind sein, dass sie etwas verändern möchten. Und das heißt zunächst einmal: den eigenen Körper erforschen.

Welche Fragen kann Frau sich am Weg zum Orgasmus stellen?
Welche Berührungen tun mir wo gut, um meine Erregung ansteigen zu lassen? Welche Zonen in meinem Genitalbereich fühlen sich besonders empfindlich an? Die Klitoris (auch Kitzler oder Perle) ist das Lustorgan der Frau, das 8.000 Nervenbahnen enthält. Auch der Venushügel, die äußeren und inneren Scheidenlippen (das Wort Schamlippen gehört aus dem Sprachgebrauch gestrichen, da es nichts zu schämen gibt!) oder viel schöner formuliert „Charme-Lippen“, der Vaginaleingang – alle diese Bereiche sollten liebevoll am Weg zur Erregung ertastet und erforscht werden. Dabei können Finger, Hände und Hilfsmittel (in Form von Gleitmittel und Vibratoren) zum Einsatz kommen, die streicheln, reiben oder klopfen. So können die Erregungspunkte herausgefunden und stimuliert werden.

Gibt es dabei etwas Wichtiges zu berücksichtigen?
Ja, unbedingt: Zeit! Unser Gehirn ist das größte Lustorgan, denn dort liegt das Zentrum unserer Erregung. Es müssen sich für alle Lustpunkte, die wir in unserem Körper entdeckt haben, erst Synapsen bilden, um dem Gehirn zu signalisieren, dass wir hier Lust verspüren. Synapsen bilden sich dann, wenn die Nervenendigungen zum Beispiel am Kitzler oft genug und immer wieder berührt werden. Um dem Ganzen eine Zahl zu geben: „Es braucht viele Wiederholungen, bis das Gehirn lernt. Genau gesagt: Es braucht etwa 2.000–10.000 Berührungen an einem Punkt im Geschlecht, die über die Nerven ins Gehirn weitergeleitet werden, damit sich eine Synapse an der entsprechenden Stelle im Gehirn bildet. Nein, das heißt nicht 2.000– 10.000 Mal üben. Denn bei jedem Üben berührst du einen Punkt ja weit mehr als ein Mal. Aber auch wenn du eine Stelle beim Üben 400-mal berührst, braucht es mindestens 50 Wiederholungen! Darum: Sei geduldig und gib nicht auf!“

Haben Sie noch einen Abschlusssatz, der betroffenen Frauen Mut macht?
Druck herausnehmen und das Ganze spielerisch angehen! Wer verbissen auf den Orgasmus „hinarbeitet“, baut eine Spannung auf, die Fallenlassen und Loslassen verhindert. Vorläufig gilt einmal die Regel: „Orgas-kann, nicht Orgasmuss.“

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