Mein erstes Handy

Programmieren lernen durch Spielen

Einen Geschmack vom Programmieren können Kinder schon im Volksschulalter bekommen. Sie steuern kleine Roboter, programmieren Geschichten am Tablet und bauen eine Forschungssonde. Mit den Tools, die es dazu gibt, fühlt sich all das wie Spielen an.

Simon grinst breit und wirft die Arme in die Höhe. Der Pinguin auf seinem Tablet hat ein paar Schritte gemacht, nachdem Simon auf die grüne Flagge geklickt hat. Schön, wie leicht Kinder zu erfreuen sind, möchte man meinen. Doch Simon hat gerade selbst in der App Scratch Junior den Pinguin so programmiert, dass er sich beim Klicken auf die Flagge bewegt.

Scratch und Scratch Junior sind Programme, die am MIT entwickelt wurden, damit Kinder ganz einfach programmieren lernen können“, erklärt Anna Gawin, Leiterin des DaVinciLabs, wo Kinder in Kursen und Workshops digitale Grundbildung erfahren. Dazu gehört auch das Programmieren bzw. Coding, also das Schreiben von Programmier-Codes am Computer.

Eine Geschichte programmieren

Gawin zeigt Simon, seinem Bruder Jakob und den Geschwistern Michelle und Nico, wie man mit Scratch Junior am Tablet ganze Geschichten programmiert. Anders als bei einem Computerspiel geben die Kinder nicht einfach Befehle ein, sondern müssen vorher in einem Code-System alle Befehle selbst festlegen, nach dem Prinzip: Wenn dieses passiert, dann passiert jenes. Zum Beispiel: Wenn man auf den Zauberer klickt, dann sagt er „Hokuspokus“.

Zunächst suchen sich die Kinder einen Hintergrund aus, vor dem ihre Geschichte spielt – vielleicht im Weltall oder am Strand? Dann wählen sie eine Spielfigur oder einen Avatar. Für diese können sie bestimmen, welchen Weg sie gehen soll, zum Beispiel drei Schritte nach rechts und vier nach oben. Auch einen Startbefehl müssen sie definieren – vielleicht sollen die Figuren immer losgehen, wenn sie direkt angeklickt werden.

Spielerisch lernen die Kinder mit der Coding- App Scratch junior, die vom MIT entwickelt wurde, das Programmieren von Geschichten.
Jakob programmiert mit seinem Smartphone, das per Bluetooth mit dem Roboter Dash verbunden ist, welchen Weg Dash zurücklegen soll.

Coding für den Unterricht

„Schau, Mama, die Eidechse schrumpft 90 Mal“, sagt Jakob zu Birgit. Die kleinen Programmierer können ihre Figuren wachsen oder schrumpfen, langsam gehen, schnell laufen oder sprechen lassen. Anna Gawin zeigt vor, welche Programmierschritte man eingeben muss, damit sich ein Drache verkleinert und um Hilfe schreit, wenn sich ihm eine Katze nähert.

Anna Gawin weist darauf hin, dass Programmieren gut in den Unterricht integriert werden kann – nicht nur in naturwissenschaftlichen Fächern. Sie nennt ein Beispiel: „Die Deutsch-Lehrerin könnte eine Geschichte schreiben und das sinnerfassende Lesen überprüfen, indem sie die Kinder die Geschichte nachprogrammieren lässt.“ Dass Kinder nicht nur passiv am Smartphone oder Tablet spielen und Videos anschauen, hält Gawin für wichtig: „Wenn du deinem Kind ein Tablet geben möchtest, ist das spielerische Erlernen von Programmierprozessen eine sinnvolle Beschäftigung.“ Auf den Websites von Scratch und Scratch Junior gibt es auch Vorgaben für Lehrer und Eltern.

Jakob und Michelle haben die Sonde Milo von Lego WeDo zuerst zusammengebaut und programmieren sie jetzt so, dass sie bis zum Ziel und wieder zurück fährt.

Programmieren verstehen lernen

Und wie funktioniert Programmieren? Anna Gawin macht mit den Kindern eine Übung – ganz ohne Computer. Jakob spielt den Roboter und Michelle die Programmiererin, die Jakobs Bewegung steuert. Das Ziel: Jakob soll einmal an einem Quadrat am Boden entlang gehen. Nico und Simon übernehmen die Dokumentation und notieren jeden von Jakobs Schritten. Michelle zeigt Jakob ein Schild mit einem Pfeil, was heißt, dass er einen Schritt geradeaus gehen soll. Zeigt sie ihm ein Schild mit einem Kreis, soll er eine 90-Grad-Drehung nach rechts machen. Nico und Simon notieren: Pfeil, Pfeil, Kreis, Pfeil, Pfeil, Kreis, Pfeil, Pfeil, Kreis, Pfeil, Pfeil, Kreis. Am Ende steht Jakob wieder in der Ausgangsposition. „Erkennt ihr ein Muster?“ fragt Anna Gawin. „Es sind immer zwei Pfeile und ein Kreis“, sagt Nico. „Und wie oft wird das wiederholt?“ „Vier Mal.“ Das ergibt einen Code, den man möglichst kurz notieren kann: In der Klammer stehen zwei Pfeile und ein Kreis, hinter der Klammer steht: mal 4. Schon haben die Kinder nebenbei Mathe und Geometrie gelernt – und natürlich „Computational Thinking“.

Zwei Schritte nach vorn, eine 90-Grad-Drehung nach rechts, zwei Schritte nach vorn und so weiter. Vorher programmieren die Kinder den Code, dann folgt der Roboter diesen Schritten.

Jeder findet eine eigene Lösung

Dasselbe probieren die Kinder dann mit echten Robotern, den Dashes von Wonder Workshop, die im Grunde aus vier Kugeln bestehen, wobei die oberste mit einem Kameraauge ausgestattet ist. Mittels Bluetooth-Verbindung und der passenden App, zum Beispiel Blockly oder Go, die für Kinder ab sechs Jahren empfohlen werden, lassen sich die Gefährte per Smartphone fernsteuern. Auch hier ist das Ziel, dass die Dashes einmal das Quadrat entlangfahren. Sie können definieren, wie viele Schritte sie machen, wie lang die Schritte sind und wann und wie die Drehung erfolgt. Jakob ist der Erste, dem es gelingt. Doch Anna Gawin stellt fest, dass er die Befehle nach und nach selbst eingegeben hat, anstatt gleich den ganzen Code zu programmieren. Beim zweiten Anlauf klappt es dann auch mit dem Coding. Jedes Kind findet andere Lösungen: Michelle programmiert für jede Seite des Quadrats zwei Schritte, wobei einer länger und einer kürzer ist. Jakob lässt den Roboter die Seitenlänge auf einmal zurücklegen.

Und schließlich bauen die Kinder noch zwei Milo-Forschungssonden von Lego WeDo nach einer Anleitung zusammen und müssen diese wiederum programmieren, sodass sie einen bestimmten Weg zurücklegen. Nach fast drei Stunden Programmieren ist den Kindern im Alter zwischen acht und elf Jahren noch keine Müdigkeit anzusehen. „Sie sind die ganze Zeit am Spielen und merken gar nicht, dass sie dabei so viele Inhalte mitnehmen“, sagt Anna Gawin. Doch das heißt nicht, dass sie damit alleingelassen werden sollten – denn das hat Gawin schon oft bei Lehrern und Eltern erlebt: „Die Kinder müssen sinnvolle Aufgaben bekommen und erfahren so die maximale Forderung und Förderung.“

"Sprechen Sie Coding?"

Kommentar von Dr. Paul Kral, Geschäftsführer von know.learn&lead

Coding ist die MEISTGESPROCHENE Sprache – versteckt im Smartphone, in Programmen, in Computerspielen. Mit Coding ist nicht gemeint, Kids zu Codern zu machen, damit sie mit „Garagen-Start-ups“ Millionen verdienen (auch möglich), vielmehr sind es die Vorteile, die sie durch Coding erwerben:
• ihr Computer-Wissen verbessert sich,
• sie lernen, abstrakt zu denken, sich in einer rationalen und sequenziellen Weise auszudrücken,
• sie erkennen, dass erst die Schritt-für- Schritt-Codierung es Computern ermöglicht, zielorientiert zu agieren,
• sie erleben das logische Lösen von Problemen, wie ein Problem und seine Lösung auf andere Situationen übertragen werden kann,
• sie erkennen, dass Computational Thinking Logik, Mathematik und die Entwicklung von Algorithmen umfasst, u. a.
Codierung wird oft als „neue Alphabetisierung“ bezeichnet. Damit wird mit ausgesagt, dass in der Zukunft Menschen in Freizeit und Beruf digitale Grundtechnologien fließend beherrschen müssen. Montessori kannte zwar nicht den Begriff Coding, aber ihr Prinzip, „Hilf mir, es selbst zu tun“ würde sie auch mit der digital vorbereiteten Umgebung umsetzen. Starten Sie mit Scratch.

Zusatz-Info:
Coding mit Scratch http://preview.scratch.mit.edu/

Für den Einstieg eignet sich auch Scratch jr. sehr gut, eine App für Tablets: https://www.scratchjr.org/

Materialien: https://eeducation.at/index.php?id=495&L=0

Vom Herdt Verlag gibt es ein Schulbuch zu Scratch:
https://shop.herdt.com/at/search?typeId=title&-q=scratch

EIS Karten: http://eis.ph-noe.ac.at/eiskarten-scratch/

Das Handbuch „Kreative Informatik“ zu Scratch: http://eis.ph-noe.ac.at/kreativeinformatik/

DaVinciLab.at - Entdecken und erfinden

Lerne, wie man digitale Tools richtig einsetzt: Diesen Sommer gibt es spannende Entdecker-Camps, ErfinderCamps, KreativCamps und TüftlerCamps im DaVinci-Lab.
Hier fühlt sich das Lernen wie Spielen an!

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