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Neue Väter

Kind und Karriere – was bedeutet das eigentlich aus der Sicht der Väter? Welche Hürden Männer überwinden müssen, um mehr Zeit mit ihrer Familie zu verbringen ,und wie es gelingen kann, dass Mann erfolgreich Karriere macht und zugleich ein aktiver Vater ist.

Geht es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ist vielfach die Rede von den Müttern. Glücklicherweise gelingt diese Vereinbarkeit dank staatlicher sowie unternehmerischer Maßnahmen tatsächlich besser denn je. Betrachten wir das Thema „Kind und Karriere“ aus der Sicht der Väter, sieht die Sache etwas anders aus. Zwar verlieren tradierte Familienrollen an Bedeutung, und eine neue Generation von Vätern will nicht mehr „nur“ das Geld heimbringen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

Frauen verbringen statistisch gesehen nach wie vor etwa doppelt so viel Zeit mit ihren Kindern als Männer. Auch beim Kleiderkaufen, Kloputzen oder Kuchenbacken lassen Väter meistens den Müttern den Vortritt. Mütter gehen aktuellen Studien zufolge mehr als zwei Drittel ihrer Gesamtarbeitszeit unentgeltlichen Tätigkeiten wie Haushalt und Kinderbetreuung nach. Bei Vätern ist es genau umgekehrt: sie widmen fast zwei Drittel ihrer Arbeitszeit dem Geldverdienen und sichern so den Lebensunterhalt der Familie. So richtig zufrieden damit sind sie allerdings nicht: Jeder dritte Papa würde sich nämlich gerne mehr um seine Kinder kümmern. Woran hapert es denn nun?

Höher, schneller, weiter

Väter sollen die Familie ernähren, gleichzeitig ihre Partnerin freispielen, damit sie ihre berufliche Karriere verwirklichen kann, und am Spielplatz den Superdaddy abgeben, der die Sorgen der Mütter versteht und dabei auch noch ein attraktives Mannsbild hergibt. „Die teilweise vorherrschenden väterlichen Rollenbilder entsprechen bei Weitem nicht der Lebensrealität beruflich erfolgreicher Männer“, weiß Karriere-Experte Sascha Schmidt. Für ein neues Modell des beruflich erfolgreichen und anwesenden Vaters gäbe es laut Schmidt zu wenig Vorbilder und Perspektiven. Der Druck auf Väter, es richtig zu machen, sei entsprechend hoch. Noch dazu befinde Mann sich meistens in der Rush Hour des Lebens. Gemeint ist jene Lebensphase, in der es gilt, beruflich besonders leistungsfähig zu sein, schulpflichtige Kinder zu versorgen, womöglich ein Eigenheim abzuzahlen, vielleicht auch noch für pflegebedürftige Eltern aufzukommen.

Um so ein Belastungspaket zu stemmen, müsste man in der Freizeit ordentlich auftanken. So wie erfolgreiche Männer das als Single regelmäßig machen, indem sie zum Beispiel zwei Tage Kitesurfen oder Schifahren einschieben, um Tags darauf im Job wieder alles zu geben. Ist Mann erst einmal Papa, spielt’s das in der Form nicht mehr. Da heißt es dann nämlich, um mit Sascha Schmidts Worten zu sprechen: „Nach dem Job ist vor dem Job“. Soll heißen: Am Feierabend und auch an den Wochenenden stehen jede Menge familiäre Verpflichtungen an: Der Rasen will gemäht werden, die Kinder wollen auf irgendwelche Sportturniere, und die Partnerin fordert nun ihren Part der Freizeit ein – sprich: jetzt soll sich der Mann doch endlich um die Kinder kümmern.

Erfolg haben – als Vater!

Die viel zitierte Work-Life-Balance sollte es laut Sascha Schmidt gar nicht geben. Warum? „Wir bestehen nicht aus einem Arbeits- oder Familienleben, sondern aus einem Arbeits- und Familienleben.“ Die zentralen Fragen, die sich Väter also stellen sollten, lauten: Habe ich eine Life-Balance? Stehen also Arbeit, Familie und Persönliches einigermaßen im Gleichgewicht? Mache ich, was ich will? Und vor allen Dingen: Was für ein Vater möchte ich sein? „Ein Vater, der eine Beziehung zu seinen Kindern aufbauen möchte, muss da sein“, sagt der Coach. Und um wiederum den eigenen männlichen Weg zum Vatersein zu gehen, brauche es ganz viel Mut. Die größte Herausforderung ist sicher, den Karrieregedanken für sich selbst neu zu definieren und das ganz persönliche Lebens- und Arbeitsmodell durchzuboxen – beim Arbeitgeber und auch in der Gesellschaft. Wie das konkret aussehen könnte? „Männer sollten sich ein Umfeld suchen, in dem es möglich ist, sich beruflich so zu entwickeln, dass sie auch bei der Familie sein können“, so der Karriere-Experte. Väter könnten zum Beispiel zur Abwechslung verstärkt über Teilzeitmodelle und Homeoffice laut nachdenken. Oder sich selbständig machen, um eine bessere Vereinbarkeit mit dem Familienleben zu erzielen. Weil sich bei manchen dieser Modelle freilich die Frage nach dem Geld stellt, müssten auch Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, als Familie mittelfristig kürzer zu treten. Und weil nicht jede Branche flexible Arbeitsmodelle anbietet, stehe laut Schmidt bei vielen seiner Klienten öfter auch die Frage nach einem generellen Jobwechsel im Raum.

Kinder brauchen Zeit

Wenn Väter mehr Zeit bei den Kinder verbringen wollen, muss schließlich auch der Staat dafür mehr Ideen entwickeln. Eine Rolle dabei könnte laut aktueller Gesellschaftsstudien der demografische Wandel spielen bzw. die Art und Weise, wie wir in Zukunft Lebenszeit sinnvoll nutzen und verteilen. Viele Ruheständler etwa wollen in der Arbeitswelt noch gebraucht werden. Das könnte Jüngere entlasten, denen mehr Zeit für die Familie bliebe. Ein Vorschlag könnte also lauten: Wir dehnen unsere Lebensarbeitszeit aus, weil wir im Alter länger fit bleiben. In den mittleren Jahren aber, in denen die Familie uns braucht, könnten sich beide Elternteile auf eine 32-Stunden-Woche beschränken. Schließlich begleitet der Alltag mit Kindern ein berufstätiges Paar weit über die Papamonate und Babykarenzzeiten hinaus. Denn eines darf in der ganzen Diskussion nicht vergessen werden: unsere Kinder. Ihre Gefühlswelten im extrem fordernder Alltag von Fremdbetreuung und Schule brauchen Gehör. Und Orientierung. An denjenigen, die mit ihnen die nötige Zeit verbringen.

Weiterführende Literatur

Jesper Juul: Mann & Vater sein, Herder Verlag
Sascha Schmidt: Neue Väter – neue Karrieren, Gabal Verlag
Sascha Schmidt: Wieder Paar sein! Erfüllte Zweisamkeit trotz Arbeit und Kind, humboldt Verlag

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