Bildung

Musik fürs Leben: Vorteile, wenn Kinder ein Instrument lernen

Ein Instrument zu lernen, ist gut für Hirn und Herz – und macht vor allem großen Spaß. Kinder und Jugendliche sagen, was das Beste am Musizieren ist. Experten geben wertvolle Tipps für den Umgang mit Flöte, Klavier & Co.

Es gibt viele Hobbies, die Kindern Spaß machen – egal, ob nun Fußball, Pfadfinder oder Malen. Besonders ein kreatives Hobby wie Musik oder ein Instrument lernen, bringt Kindern viele Vorteile.

Es herrscht geschäftiges Treiben an diesem Abend im Vereinshaus des Musikvereins Leopoldau am Stadtrand von Wien. Wie jede Woche treffen sich auch heute wieder zahlreiche Mitglieder des Jugendblasmusikorchesters Donaustadt-Floridsdorf. Bis zu 25 Kinder und Jugendliche umfasst die Orange Corporation, wie das Orchester auch heißt. Die Buben und Mädchen spielen unter anderem Trompeten und Querflöten, Klarinetten und Oboen, aber auch Trommeln sind dabei und natürlich eine Tuba.

Tongewaltig und mit sichtlicher Begeisterung spielen die Musiker die Disney-Songs, die heute am Programm stehen, hauchen Captain Hook und Mickey Mouse Leben ein. Das Interesse, in der Blasmusikkapelle einer Großstadt mitzuspielen, ist laut Gerhard Bergauer, Leiter der Orange Corporation und Landesjugendreferent des Wiener Blasmusikverbandes, stetig gewachsen: „Als das Orchester im Jahr 2005 gegründet wurde, hatten wir sechs Kinder mit dabei – heute sind es schon 30. Bei uns steht das Gemeinsame im Vordergrund, alle müssen an einem Strang ziehen. Es macht allen Beteiligten großen Spaß, gemeinsam zu musizieren.“

Kinder brauchen Musik

Ob im Orchester oder als Einzelmusiker, ob zum Spaß oder auf Konzert-Niveau –Zehntausende Kinder erlernen und spielenin Österreich ein Instrument, manchevon ihnen gleich mehrere. Dass Musik nicht nur Freude bereitet, sondern viel mehr kann, belegen zahlreiche Untersuchungen. Eine Studie des Instituts für Psychologie der Universität Graz zum Beispiel zeigt, dass sich das frühe Erlernen eines Musikinstruments langfristig auf die Gehirnentwicklung von Kindern auswirkt. Die Forscher konnten unter anderem nachweisen, dass Kinder, die ein Instrument lernen, aufmerksamer sind. Außerdem können sie besser zuhören und haben weniger Probleme, Hyperaktivität zu kontrollieren. Darüber hinaus schneiden sie in Lese- und Rechtschreibtests deutlich besser ab.

Die Qual der Wahl

Welches Instrument zu welchem Kind passt, ist eine Frage, die oft schwer zu beantworten ist, denn die Bandbreite an erlernbaren Instrumenten ist enorm. Ob es die Tuba oder doch lieber die Blockflöte ist, muss unbedingt das Kind mitentscheiden“, sagt Ulla Offenbeck von Klassik4Kids. Ihre Plattform bietet Informationen rund um klassische Musik für junge Menschen. Kompaktes Wissen über Komponisten, Epochen und Instrumente ist dort ebenso zu finden wie Informationen zu Veranstaltungen, aktuellen Musikern und eigens entwickelte Spiele rund um die Klassik. Wann man mit dem Instrument beginnen soll, hängt laut Ulla Offenbeck vom Kind ab: „Als Richtwert empfehlen wir die 2. Klasse Volksschule. Davor ist man bei der ,Musikalischen Früherziehung‘ gut aufgehoben.“

Teil eines großen Ganzen

Ein Instrument zu spielen, ist auch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung und hat einen hohen sozialen Wert. Mit ein Grund, warum gerade das Musizieren in Orchestern in Österreich sehr beliebt ist und in allen Bundesländern zahlreiche Vereine und Organisationen aktiv sind. Der österreichische Blasmusikverband etwa verzeichnet aktuell 2.000 Vereine mit rund 40.000 Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren. Bundesjugendreferent
Helmut Schmid: „Wir hatten noch nie so viele Jugendliche wie derzeit. Dabei geht es weit über das reine Musizieren hinaus. Es gibt auch Spielenachmittage, Skitouren und viele andere gemeinsame Aktivitäten. Die Mitgliedschaft bei der Blasmusikjugend ist eine Sache, die sich oft über Generationen hinweg erstreckt. Viele der Kinder, die in der Blasmusikjugend aktiv sind, haben Eltern, die dort auch schon als Kinder musiziert haben.“

Eine Virtuosin auf dem Cello

„Mein Traum ist es, dass ich später einmal als Cellistin bei den Wiener Philharmonikern arbeiten kann“ Tara Stranegger, Cello

Für Tara Stranegger aus Graz ist Musik Teil ihres Lebens, ist ihre Mama Barbara doch Klavierlehrerin. Bereits mit drei Jahren begann die heute 14-Jährige, selbst Klavier zu spielen. „Als Tara sieben war“, erinnert sich Barbara Stranegger, „wollte sie zusätzlich auch Cello spielen. Ich habe mir gedacht, dass ich sie halt ein wenig nebenbei spielen lasse und es nur zum Spaß ist.“ Doch Tara belehrte ihre Mutter eines Besseren, wie diese sagt. Ihre Tochter übte täglich mit dem Streichinstrument, spielte schon bald anspruchsvolle Stücke und nahm ein Jahr später an ihrem ersten Cello-Wettbewerbteil. Mittlerweile tritt Tara im In-und Ausland auf. Lampenfieber ist für die junge Musikerin dabei allerdings kein Thema: „Es macht mir Spaß, wenn ich vor  Publikum spielen kann. Durch die Musik fühle ich mich frei. Wenn ich mich einmal nicht so gut fühle, geht es mir durch das Spielen gleich besser.“

Täglich bis zu drei Stunden üben

Für ihre große Leidenschaft übt Tara, die es liebt, Werke von Komponisten wie Sergei Rachmaninow, Frédéric Chopin und David Popper zu spielen, täglich bis zu drei Stunden und nimmt weiterhin an Musikwettbewerben teil. Schon als Zwölfjährige hat sie das Bundesfinale des Musikwettbewerbes „Prima la Musica“ in ihrer Altersklasse gewonnen. Taras Mutter weiß, welche Bedeutung Musik für Kinder hat: „Man kann ihnen viel mitgeben, und sie befassen sich mit etwas Kreativem. Ein Instrument zu spielen, fördert Intelligenz und Empathie.“ Dennoch war ihr und Papa Engelbert, der Taras Ambitionen ebenso unterstützt, wichtig, dass die Tochter ein Leben abseits der klassischen Musik hat. „Das habe ich auch“, sagt Tara, „denn ich unternehme viel mit meinen Freundinnen und gehe zum Tanzen und zum Yoga. Außerdem höre ich nicht nur klassische Musik. Ich mag Popmusiker wie Selena Gomez und Ed Sheeran.“ Taras allergrößter Wunsch für die Zukunft: Cellistin bei den Wiener Philharmonikern zu werden.

Spielerisch an Musik heranführen

Lisa-Christina Fellner, Musiktheaterpädagogin der Oper Graz, bringt Kindern die Welt der Oper spielerisch näher.

Damit Kinder einen langfristigen Bezug zur Musik bekommen, ist es ratsam, schon im Kleinkindalter den Kontakt zu Tönen herzustellen – und sie mit Musik jeglicher Art vertraut zu machen. So wie an der Oper Graz. Die drei Mal pro Saison stattfindenden Sitzkissenkonzerte im Rahmen von „Oper-Aktiv!“ sind für Kinder zwischen drei und sechs Jahren geeignet. Die Zuhörer sitzen dabei auf Kissen am Boden, nah an den Musikern. In den 45-minütigen Konzerten, die etwa „Von Raupen und Schmetterlingen“ heißen, werden Geschichten erzählt, die von Musikern begleitet werden. Das soll neugierig auf Musik machen und die Besucher zum Tanzen, Singen und Zuhören einladen. Lisa-Christina Fellner ist Musiktheaterpädagogin und erlebt die Begeisterung der jungen Zuhörer hautnah: „Für viele ist es der erste Besuch in der Oper – und es ist etwas ganz Besonderes, wenn sie unser Haus betreten. Die Kinder sollen bei uns Schönes erleben und spielerisch an klassische Musik und Musiktheater herangeführt werden.“

„Kinder liebe jede Art von Musik“

Die Musiktheaterpädagoginnen bringen die Sitzkissenkonzerte und die Workshop-Formate „Chor und Orchester hautnah“ auch in Kindergärten und Schulen, um jene zu erreichen, deren Familien keinen Bezug zu klassischer Musik haben. Dort können die Kinder dann verschiedene Instrumente ausprobieren und Musik hören. „Das Interesse“, sagt Lisa-Christina Fellner, „ist schon bei den Kleinsten groß. Kinder lieben jede Art von Musik, gleich, ob klassische Musik oder Popmusik. Deshalb wird es an der Oper diesen September auch eine Ferienwoche geben. Bei ,Musiktheater jetzt!‘ können Kinder dann an vier Nachmittagen die Welt der Oper kennenlernen.“

Die ersten Schritte am Klavier

Sich an den Instrumenten ausprobieren können auch die jungen Besucher der KinderMusikgruppeWien. In Musik- und Bewegungskursen können Buben und Mädchen von null bis zehn Jahren die spannende Welt der Musik erkunden. „Oftmals“, sagt Leiterin und Klavierlehrerin Agnes Haider, „ist das der Einstieg in einen weiteren musikalischen Weg. Denn Musik macht Kinder einfach glücklich. Das Allerwichtigste beim Lernen eines Instruments ist die Freude dabei, sonst macht es keinen Sinn.“

Die hat Hendrik aus Wien derzeit definitiv. Seit Kurzem lernt der Neunjährige das Klavierspielen, einmal die Woche kommt eine Lehrerin zu ihm nach Hause. Hendriks Eltern, Katharina und Jochen, lieben beide klassische Musik: „Beim Klavierspielen werden Rhythmusgefühl und Logik geschult. Aber das Wichtigste dabei: Es macht Hendrik Freude.“ Die hat auch Hendriks kleine Schwester, Victoria: Die Zweieinhalbjährige tanzt oft vor lauter Freude, wenn sie Musik hört – und das ist wohl die beste Voraussetzung für eine lebenslange Partnerschaft mit der vielfältigen Welt der Töne.

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