Erziehung

Mein Kind ist „anders“

Wenn Kinder unter Asperger-Autismus leiden. Mit Test!

Zunächst gelten sie als verhaltensauffällig und „schwierig“ im Umgang mit anderen. Oft auch als kleine, verschrobene Genies. Später fallen sie oft aufgrund ihres Erfolges auf – oder kommen mit ihrem Leben kaum zu recht. Auf der einen Seite hochbegabt, auf der anderen „beziehungs- und emotional beeinträchtigt“ – so sind  Asperger-Kinder.

Es sind vor allem Gefühle, mit denen Asperger-Kinder schlecht zurechtkommen. Das zieht sich bis ins Erwachsenenalter. Die Welt der Körper- und Signalsprache ist ihnen meist eine völlig fremde. Das, was andere instinktiv – durch Mimik und Gestik des Vis-à-vis – zum Beispiel als ein freudiges „ich mag dich“ wahrnehmen, etwa indem sie einander in die Augen blicken, ist für Asperger-Betroffene nicht oder zumindest kaum nachvollziehbar. Sie verstehen diese nonverbalen Signale in der Regel nicht und müssen sie sich erst mühsam „erarbeiten“.

Hochbegabung versus Rückzug

Beim sogenannten Asperger Syndrom handelt es sich um eine bestimmte Form von Autismus, die einem eine spezifische Hochbegabung auf der einen Seite und auf der anderen Seite emotionalen Rückzug attestiert. Welche organischen Beeinträchtigungen dem zugrunde liegen, weiß man bisher nicht genau. Der Wiener Psychiater und Psychotherapeut Dr. Wolfgang Gombas, der in Österreich einer der wenigen Experten für diese Erkankung ist: „Fest steht lediglich, dass es sich um eine Wahrnehmungsstörung handelt.“ Überzeugend dargestellt wurde Asperger-Autismus einst etwa im berühmten Kinofilm „Rainman“ (mit Schauspieler Dustin Hoffmann und Tom Cruise). Doch auch etlichen Prominenten wird nachgesagt, Asperger-Autisten (gewesen) zu sein: Darunter befinden sich Größen wie Steven Spielberg, Albert Einstein, Österreichs Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, Bill Gates, Glenn Gould oder Emily Dickinson. Der Grund, warum man bei einigen Genies dieses Syndrom vermutet, besteht darin, dass sie oft Spezialbegabungen haben, denen sie sich „mit Leib und Seele“ hingeben. Diese liegen relativ oft im naturwissenschaftlichen Bereich. Nicht zuletzt deshalb können Asperger-Autisten sehr erfolgreich sein, wenn sie den richtigen Job haben.

 

Asperger-Kinder tun sich schwer mit Emotionen. Ebenso haben sie Probleme damit, diese bei anderen aufgrund der Mimik und Gestik richtig zu deuten.

Leben in einer eigenen Welt

Asperger Autismus wurde erst in den 40er Jahren von Dr. Hans Asperger, einem Wiener Kinderarzt, und Dr. Leo Kanner (USA) entdeckt. Dabei wurden neben den bereits genannten Symptomen folgende typiche Verhaltensweisen genannt:

  • Bedürfnisse. Der mangelnde spontane Wunsch, mit anderen Menschen Vergnügen, Interessen oder Errungenschaften zu teilen (z. B. macht das Kind keine Anstalten, Gegenstände seines Interesses anderen Menschen zu zeigen, ihnen zu bringen oder darauf hinzuweisen).
  • Unvermögen. Für Kinder bedeutet dies auch das Unvermögen, dem Entwicklungsniveau entsprechend Beziehungen zu Gleichaltrigen zu entwickeln.

Kurz: Asperger-Autisten ziehen sich in ihre eigene Welt zurück. In dieser entwickeln sie oftmals eine eigene Sprache, etwa indem sie möglichst gefinkelte Satzkonstruktionen erfinden. Sie mögen es überdies, wenn die Dinge möglichst immer so sind, wie sie es gewohnt sind – sie verabscheuen Veränderungen.
Jedenfalls sind die meisten Betroffenen grundehrliche Menschen. „Sie können nicht lügen“, heißt es. Ebenfalls typisch sei, so Dr. Gombas, dass sie sich wieder und wieder mit ein und demselben „Ding“ zu beschäftigen – wie etwa Schnippen mit dem Finger oder stundenlanges, penibles Schlichten und Ordnen von Dingen.

 

Asperger-Kinder ziehen sich meist in ihre eigene Welt zurück – und können sich lange mit den gleichen Dingen beschäftigen.

Späte Diagnosen

Bevor allerdings die Diagnose „Asperger-Autismus“ gestellt wird, absolviere viele Eltern mit ihren Kindern eine regelrechte Odysee an psychologischen, pädagogischen und psychiatrischen Besuchen. Häufig wird bei betroffenen Kinder eine Teilleistungsstörung bzw. ADHS vermutet. Nicht selten wird Müttern und Vätern auch unterstellt, sie hätten ihr Kind „nicht im Griff“ oder würden es schlicht „falsch erzeihen“. Was freilich absolut kontraproduktiv ist. Psychiater Dr. Wolfgang Gombas weiß aus der Praxis: „Asperger Autismus ist noch sehr wenig erforscht und bleibt deshalb immer wieder unerkannt.“ Dabei könne, frühzeitig diagnostiziert, gerade bei Asperger-Autisten die Hochbegabung gefördert und auch der Umgang mit Gefühlen geübt, beziehungsweise verbessert werden.

TEST: Könnte mein Kind ein „Asperger“ sein?

 

Dieser Test (von Prof. Dr. Simon Baron-Cohen) hilft festzustellen, ob Sie, Ihr Kind oder ein/e andere/r Angehörige/r eventuell unter dem Asperger-Syndrom leiden.

Bitte machen Sie auf einem Extrablatt für die jeweils zutreffende Antwort einen Kreuz, wobei Sie wie folgt differenzieren:
0 = ich stimme nicht zu , 1 = ich stimme überwiegend nicht zu, 2 = ich stimme großteils zu, 3 = ich stimme voll zu.
(Auflösung siehe ganz unten)

  1. Mein Kind unternimmt Dinge lieber gemeinsam mit anderen statt alleine.
  2. Es tut Dinge vorzugsweise immer auf die gleiche Art.
  3. Wenn es versucht, sich etwas Bestimmtes vorzustellen, fällt es ihm leicht, sich davon auch eine gedankliche Vorstellung, ein Bild zu machen.
  4. Es passiert ihm oft, dass es bestimmte Dinge so gefangen nehmen, dass es darüber andere Dinge aus den Augen verliert.
  5. Es nimmt oft kleine Geräusche wahr, wo andere das nicht tun.
  6. Dinge wie PKW-Kennzeichen, Zeichenketten oder dergleichen erwecken öfters seine Aufmerksamkeit.
  7. Andere Leute sagen ihm öfters, dass das, was es sagt, unhöflich sei, obwohl es dies nicht vermutet hätte.
  8. Wenn es eine Geschichte liest, entwicklt es bald eine Vorstellung davon, wie die handelnden Personen oder Figuren aussehen.
  9. Es ist fasziniert von Daten (z.B. Geburtsdaten, Zahlen, historische Daten ,..)
  10. In einer Gruppe kann es mehreren Gesprächen problemlos folgen.
  11. Es fällt ihm leicht, mit sozialen Situationen umzugehen.
  12. Es neigt dazu, Dinge zu bemerken, die anderen nicht auffallen.
  13. Es würde eher in eine Bibliothek gehen als zu einer Party.
  14. Das Erzählen von Geschichten fällt ihm leicht.
  15. Sein Interesse gilt eher Menschen als Dingen.
  16. Es hat sehr große Interessen, und es setzt ihm zu, wenn es diesen nicht nachgehen kann.
  17. Es hat Spaß am Tratschen (dahinplaudern).
  18. Wenn es spricht, fällt es Leuten mitunter schwer, ihm zu folgen, wenn ihm diese nicht direkt gegenüber sitzen.
  19. Zahlen üben eine Faszination auf das Kind aus.
  20. Wenn es eine Geschichte liest, fällt es ihm schwer, die Absichten einzelner Personen herauszufinden.
  21. Das Lesen von romanartigen geschichten oder Science Fiction interessiert das Kind nicht besonders.
  22. Das Finden von Freunden fällt ihm schwer.
  23. Es bemerkt immer wieder bestimmte Muster in Dingen oder Vorkommnissen.
  24. Es geht lieber ins Theater oder Kino als ins Museum.
  25. Es regt sich nicht darüber auf, wenn sein gewohnter Tagesablauf gestört wird.
  26. Es fällt ihm oft auf, dass es sich schwer tut, eine Konversation aufrechtzuerhalten.
  27. Für größere Kinder: Es fällt ihm leicht, „zwischen den Zeilen zu lesen“, wenn jemand mit ihm spricht.
  28. Es konzentriert sich normalerweise eher auf das Ganze als auf Details.
  29. Es ist nicht besonders gut im Merken von Telefonnummern.
  30. Es bemerkt üblicherweise nicht, wenn sich Situationen oder das Erscheinungsbild von Personen ändern.
  31. Das Kind bemerkt es, wenn sich jemand in einem Gespräch mit ihm zu langweilen beginnt oder abgelenkt wird.
  32. Es bereitet ihm keine Schwierigkeiten, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun.
  33. Beim Telefonieren ist es unsicher, wann es wieder mit dem Sprechen „dran ist“.
  34. Das Kind tut Dinge gern spontan.
  35. Es ist in einer Gruppe oft der/die Letzte, der/die einen Witz versteht.
  36. Es fällt ihm leicht, herauszufinden, was jemand fühlt oder denkt, nur indem es in sein Gesicht blickt.
  37. Nach einer Unterbrechung fällt es dem Kind leicht, gleich wieder mit der Sache fortzufahren, mit der es zuletzt beschäftigt war.
  38. Es fällt ihm nicht schwer, einfach mit anderen dahinzuplaudern.
  39. Es bekommt öfters Rückmeldungen von Leuten (oder Sie als Elternteil von Lehrern), dass es dieselben Dinge immer wieder tut oder ihm dieselben Fehler immer wieder passieren.
  40. Es spielt mit anderen Kindern, um besser mit ihnen in Kontakt zu kommen.
  41. Es interessiert sich für Wissen, das das Differenzieren erleichtert (z.B. über Autotypen, Vogelarten, Zugtypen, Pflanzenarten, …)
  42. Es fällt ihm schwer, sich in andere Menschen hineinzuversetzen.
  43. Es bereitet sich gern eingehend auf Aktivitäten oder Situationen vor, an denen es teilnehmen.
  44. Soziale Anlässe (z.B. Feste, Feiern,…) machen dem Kind Spaß.
  45. Es fällt ihm schwer, die Absichten anderer Menschen zu erahnen.
  46. Unbekannte Situationen machen dem Kind Angst.
  47. Es trift gerne neue Leute.
  48. Es ist ein guter „Diplomat“.
  49. Es fällt mihmir schwer, sich Geburtsdaten zu merken.
  50. Es fällt ihm leicht, mit Kindern Spiele zu spielen, bei denen man sich verstellen muss.

Auswertung:
„Ich stimme voll zu“ oder „Ich stimme großteils zu“ ergibt bei den folgenden Fragen einen Punkt: 2, 4, 5, 6, 7, 9, 12, 13, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 26, 33, 35, 39, 41, 42, 43, 45, 46.
„Ich stimme nicht zu“ beziehungsweise „Ich stimme überwiegend nicht zu“ ergibt einen Punkt für die Fragen: 1, 3, 8, 10, 11, 14, 15, 17, 24, 25, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 34, 36, 37, 38, 40, 44, 47, 48, 49, 50.

Ergebnis:
16-17 Punkte: Sie zählen zum Durchschnitt aller Getesteten, liegen also Normalbereich. Wenn sie darunter liegen, kann man ihnen nur gratulieren.
mehr als 17 Punkte: Es besteht Verdacht auf Asperger-Autismus. Lassen sie sich von einem Spezialisten untersuchen.

Achtung: Bei diesem Test handelt es sich um einen Screening-Test. Das heißt, dass ein positives Ergebnis nicht zwangsläufig auf Asperger-Autismus schließen lässt. Sie sollten dann aber möglichst einen Mediziner konsuktieren.

Quelle: MRC-SBC/SJW February 1998. Published: Journal of Autism and Developmental Disorders, 31, 5-17 (2001).

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