Erziehung

Mein Kind hat Liebeskummer

Ihr Kind ist unsterblich verliebt. Aber die angebetete Person will nichts von ihm wissen, ist nicht verfügbar oder hat Ihren Schatz verlassen. Da ist Drama vorprogrammiert. So können Eltern helfen.

Verweint liegt Mari auf dem Bett und starrt stundenlang vergeblich auf das Display ihres Handys. Michael hat sich völlig zurückgezogen. Nur aus seinem Zimmer dringt laute Musik. Beatrice treibt plötzlich extremen Sport und isst – wenn überhaupt – wie ein Vögelchen. Ihre Stimmungslage ist gedrückt und traurig. Alle diese Verhaltensweisen können Hinweise darauf sein, dass es um unglückliche, nicht erwiderte oder beendete Liebe geht.

Vielleicht spricht Ihr Kind ohnedies darüber, aber manche verstummen auch. Dann ist es wichtig, die Signale richtig zu deuten und nachzuforschen. Bereits im Kleinkindalter können Sehnsüchte nach der Liebe eines Gegenübers wach werden, auch wenn sie sich anders äußern als bei größeren Kindern oder Jugendlichen. So ist es unendlich süß, wenn zwei Zwerge sich den Bund fürs Leben versprechen. Der Faktor Sexualität spielt da natürlich noch keine Rolle und kommt später dazu. Aber im Endeffekt ist es bei kleinen und jungen Menschen von zwei, neun oder 14 Jahren nicht anders als bei Erwachsenen: Werden wir zurückgeliebt, sind wir glücklich, erfahren wir Zurückweisung, tut das sehr weh.

Wann kann Liebeskummer bei Kindern entstehen?

Das ist dann der Fall, wenn die oder der Angebetete kein Interesse zeigt oder anderweitig „vergeben“ ist. Vielleicht sind tatsächlich keine Gefühle vorhanden, oder aber das Kind ist zu schüchtern, um seine Wünsche nach Nähe zu zeigen. So hat das Subjekt der Begierde eventuell gar keine Ahnung von den Emotionen, die es ausgelöst hat. Manchmal entsteht auch eine Beziehung oder zumindest ein kurzes Intermezzo, und Ihr Kind wird danach verlassen. Das kann wegen einer anderen Person passieren oder weil ein ursprüngliches Interesse plötzlich wieder nachlässt. Das ist besonders schmerzhaft, weil Kinder und Jugendliche in der Regel noch nicht gelernt haben, mit solchen Erfahrungen umzugehen. Unglücklich werden Liebesgefühle auch verlaufen, wenn sie einer erwachsenen Person wie Lehrern, Trainern oder älteren Geschwistern von anderen gelten.

Häufig steigern sich Kinder dermaßen in ihre Sehnsüchte hinein, dass jede unverfängliche Geste oder jeder Ausspruch so gedeutet wird, dass derjenige die Gefühle erwidert. In den meisten Fällen können Erwachsene mit dieser Schwärmerei umgehen. Aber seien Sie als Eltern besonders aufmerksam, ob es in manchen Fällen nicht doch zu unangemessenen Annäherungen kommt. Das ist nicht nur vom Gesetz her verboten, sondern kann noch größeres Leid über Ihr Kind bringen. Weitverbreitet sind intensive Gefühle, die bestimmten Stars, Bloggern, Influencern oder YouTube-Größen entgegengebracht werden. Kreischende Mädchen, die stundenlang vor einer Konzerthalle ausharren, um die besten Plätze vor der Bühne zu ergattern, eventuell sogar kollabieren, Zimmer, die zur Wallfahrtsstätte werden, und jede Menge Fanartikel. So sieht oft der „ganz normale Wahnsinn“ bei Teenies aus. Auch hier kann Liebeskummer entstehen, weil speziell Mädchen sich in ihren Fantasien sehr wohl als Freundin eines Idols sehen.

Wie können Eltern helfen?

► Seien Sie für Ihr Kind da – geduldig, offen und herzlich. Nehmen Sie es auf den Schoß, wenn es noch sehr jung ist, und trösten Sie es mit ruhigen, sanften Worten.
► Akzeptieren Sie seinen speziellen Umgang mit dem Kummer und drängen Sie es nicht zu Aussprachen, wenn es schon älter ist.
► Äußern Sie keinesfalls Sätze wie „Eine andere Mutter hat auch einen schönen Sohn“, „Bis du heiratest ist es wieder gut“, „So schlimm kann das doch gar nicht sein“, „Du bist viel zu jung für Liebeskummer“ oder „Der (die) Richtige wird schon noch kommen“. Das zeigt nur, dass Sie kein Verständnis für den Schmerz Ihres Kindes haben.
► Seien Sie nicht verletzt, wenn das Kind lieber mit jemand anderem reden möchte, sondern froh, dass es weitere Vertrauenspersonen hat.
► Versuchen Sie, in der Liebeskummerzeit toleranter zu sein als sonst. Nehmen Sie Launen, Wutanfälle und unkontrollierte Gefühlsausbrüche nicht persönlich. Denn für viele Kinder gehört Schreien, Schimpfen oder Türenknallen zur Trauer dazu. Sie brauchen Zeit und auch ein wenig mehr Freiheiten, um ihren Schmerz auszuleben und zu bewältigen.
► Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass es nicht sinnvoll ist, der anderen Person nachzulaufen oder sie ständig zu kontrollieren. Ist er oder sie gerade online, zu Hause, in Gesellschaft? Und, wenn ja, mit wem? Dieses Interesse ist verständlich, aber Spionieren bringt den anderen sicher nicht näher oder gar zurück.
► Versuchen Sie nicht, mit Druck herauszufinden, ob sexuelle Kontakte stattgefunden haben. Sprechen Sie lieber über angemessene Verhütung, falls das bisher noch nicht geschehen ist.
► Auch wenn die Versuchung groß ist – lesen Sie auf keinen Fall das Tagebuch Ihres Kindes.
► Helfen Sie, wo es angebracht ist, aber trauen Sie ihm auch zu, dass es mit der Situation fertigwird.
► Bereiten Sie Freude. Das kann ein Kinobesuch sein, ein Ausflug oder ein besonderes Geschenk.
► Zeigen Sie Ihrem Kind auf jede nur erdenkliche Weise, wie sehr Sie es lieben. Sie können es nicht vor Schmerz bewahren, aber immer zu ihm stehen. Das stärkt auch das Selbstvertrauen.
► Suchen Sie fachliche Hilfe, wenn der Trauerprozess zu lange dauert, Alkohol oder Drogen konsumiert werden, starke Aggressionen eine Rolle spielen oder zerstörerische Reaktionen wie Magersucht, Bulimie oder Ritzen auftreten. Liebeskummer lässt für das betroffene Kind in dieser Zeit die Welt einstürzen. Eltern sind wichtige Ansprechpartner, um ihm aus diesem seelischen Tief wieder herauszuhelfen. Tun Sie also, was Sie können!

„Ich bin verliebt in meinen Lehrer“

Ewa, 14, Linz:

Seit diesem Jahr haben wir einen neuen Mathematiklehrer. Er ist ganz jung und sieht unglaublich süß aus. Er hat längere Haare, trägt immer enge Jeans und ist total locker. Ich habe mich sofort in ihn verliebt. An den Tagen, wo er unterrichtet, trage ich enge Shirts und kurze Röcke. Ich weiß, dass ich viel jünger bin als er, aber ich hoffe so sehr, dass er sich auch in mich verliebt. Manchmal schaut er mich an, und dann denke ich, er mag mich. Seine Augen blitzen, und das muss doch etwas bedeuten. Einmal habe ich gesehen, wie ihn nach der Schule eine Frau und ein Kind abgeholt haben. Er hat beide geküsst, und ich habe Angst, dass das seine Frau und sein Kind waren. Ich habe den ganzen Nachmittag geweint. Am nächsten Tag hatte ich ganz verschwollene Augen, und er hat gefragt, was mit mir los ist. Also kann es ihm doch nicht egal sein, wie es mir geht.

„Ich habe sie lieb, aber sie redet nicht mit mir“

Hanno, 9, Eisenstadt

Melli geht in dieselbe Klasse wie ich. Sie hat ganz kurze Haare und ein liebes Gesicht. Eigentlich finde ich ja Mädchen nicht so gut, aber sie ist ganz anders. Kerstin hat sie zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, und ich war auch dabei. Ich habe sie immer anschauen müssen, aber sie hat nur mit ihren Freundinnen geredet. Dann haben wir etwas gespielt, wo immer zwei Kinder zusammengegangen sind. Ich wollte das unbedingt mit ihr machen, aber sie hat sich weggedreht. Auch in der Schule beachtet sie mich nicht. Meine Mama hat gemerkt, dass ich traurig bin. Da habe ich ihr von Melli erzählt. Mama hat gemeint, dass sie vielleicht einen anderen Freund hat, aber das ist mir nicht aufgefallen. Sie ist immer nur mit Luisa und Valerie zusammen. Ich muss so viel an sie denken. Einmal habe ich einen Stift in ihre Richtung geworfen, aber sie hat nur gesagt: „Der Hanno ist schon wieder so blöd.“ Ich bin ur traurig.

„Nach dem ersten Kuss hat er mich verlassen“

Manuela, 13, Wien:

Till geht auch in meine Schule, er ist nur ein Jahr älter als ich. Er ist mir immer schon aufgefallen, weil er supergut aussieht und alle Mädchen in ihn verliebt sind. Er hatte auch schon ein paar Freundinnen, mit denen er gegangen ist. Dann habe ich gemerkt, dass er in der Pause immer wieder zu unserer Klasse gekommen ist. Meine Freundin hat gesagt: „Der steht auf dich“, aber das konnte ich nicht glauben. Dann hat er mich gefragt, ob er mich nach der Schule heimbringen kann. Ich war unglaublich glücklich. Wir sind nicht direkt nach Hause gegangen, sondern ein Stück spazieren. Und da hat er mich plötzlich geküsst. Das war mein erster Kuss, und ich dachte, dass wir nun fix zusammen sind. Aber am nächsten Tag kam sein Freund zu mir und sagte, dass es aus sei mit Till, weil ich nicht küssen könne. Das war so gemein! Seither weine ich viel, schlafe schlecht und kann oft nichts essen. Meine Eltern wissen nichts davon, machen sich aber Sorgen, was mit mir los ist.

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