Mehr Glück in der Schule
Im Rahmen des Projekts „Glück macht Schule“ werden österreichische Schulen beraten, wie sie zu glücklicheren Orten werden können. „familiii war zu Besuch in einer der Glücks-Schulen im niederösterreichischen Bad Vöslau.
Lernen, Ausbildung, Prüfungen, Gemeinschaft, Neues entdecken, Stress, Druck, Noten – mindestens ebenso umfassend und vielfältig wie das Schulsystem sind auch die Dinge, die Schülerinnen und Schüler, Eltern, aber auch die Unterrichtenden damit verbinden. Glück ist wohl da nicht unbedingt jene Empfindung, die einem in den Sinn kommt, wenn man gefragt wird, was man mit dem Begriff des Schulwesens assoziiert.
Der Glückscoach hilft weiter
Dass dem nicht so sein muss, beweist Stefan Gros mit dem Projekt „Glück macht Schule“. Eigentlich ist Gros Wirtschaftscoach, aber im Rahmen seines Non-Profit-Projekts berät er Schulen, wie sie zu glücklicheren Orten werden. Gemeinsam mit Schüler-und Lehrerschaft startet er meist mit einer Schülerkonferenz, in der die Jugendlichen sagen können, was sie sich wünschen. Sofern möglich, werden die Projekte umgesetzt: „Wir arbeiten, beginnend mit Volksschulen, mit Schülern, Lehrern und Direktoren. Unser Ziel: Schulen zu dem zu machen, was sie sein sollten – erfreuliche Orte zum Lernen. Das tun Kinder besser, wenn sie sich wohlfühlen und ein Gefühl der Sicherheit haben, der Stress nicht zu hoch ist und sie keine Angst haben.“
Im Rahmen des Projekts werden Schulen so lange wie möglich betreut. Das Ziel: nachhaltig die Kultur der Schule zu verbessern. „Je länger Jugendliche an Schulen sind, desto unglücklicher werden sie. In Österreich gibt es ein stark hierarchisches Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern. Das passiert in vielen anderen Ländern, etwa Kanada, nicht. Dort werden Schüler auf Augenhöhe behandelt und ernst genommen. Wenn man das tut, bekommt man vernünftige Gesprächspartner, mit denen man sinnvolle Dinge tun kann.“
Gelebtes Schulglück
Eine der Schulen, die mit Stefan Gros zusammengearbeitet haben, ist das Gymnasium Bad Vöslau/Gainfarn. Mehr als 800 Schülerinnen und Schüler gibt es hier. Es ist ein freundlicher, offener Bau mit Sportanlagen, einer modernen Turnhalle, einer ausladenden Grünfläche und einem motivierten und jungen Lehrkörper. Die Schule ist handyfrei, Smartphones müssen im Unterricht und den Pausen abgedreht sein, und man nimmt am Gesundheitsprojekt „tut gut“ teil, im Rahmen dessen niederösterreichische Schulen, die sich für Gesundheit engagieren, ausgezeichnet werden. Trotzdem hat man sich 2014 entschlossen, Stefan Gros zu konsultieren, sagt Direktorin Claudia Liebl: „Eigentlich haben wir nur einen externen Berater gesucht, um darüber nachzudenken, wie zeitgemäß unsere Schulformen sind, was man ändern kann und was Schülerinnen und Schüler wollen, wenn sie in die Oberstufe gehen. Wir haben mit Herrn Gros dieses Problem besprochen. Er hat es als Chance gesehen. Dadurch sind viele Dinge entstanden, die nichts mehr mit der Ursprungsidee zu tun hatten.“ Im Rahmen einer Schülerkonferenz wurde definiert, was sich die Schülerinnen und Schüler wünschen. Einheitliche Sweater und T-Shirts mit dem Schullogo waren ebenso dabei wie eine Schülerzeitung, die Umgestaltung der Außenfläche oder die Bewertungen der Lehrerschaft.
Ing. Mag. Stefan Gros
www.glueck-macht-schule.at
Fürs Leben lernen
„Die Herausforderung bei solchen Projekten“, sagt Claudia Liebl, „ist die Umsetzung. Hier sind Lehrer, Jugendliche und Eltern gefragt. Wir haben alles umgesetzt, was damals geplant wurde.“ Ihrer Meinung nach das Wichtigste: „Dass die Jugendlichen die Möglichkeit haben, auch zu verwirklichen, was sie sich wünschen, und man ihnen etwas zutraut. Denn das bindet an die Schule, und man kommt noch lieber hierher – und das ist unser Ziel. Jugendliche aus der Oberstufe sagen, dass diese Selbstverantwortung sehr positiv ist, weil man etwas ins Leben mitnimmt. Man erkennt dadurch seine eigenen Grenzen. Das Erfolgserlebnis, etwas in einer Gruppe geschafft zu haben, ohne dass der Lehrer Starthilfe gibt, ist für Schülerinnen und Schüler etwas unwahrscheinlich Positives.“
Achtsamkeitsübungen
Deutschlehrerin Sabine Kuen hat auch Projekte mit ihren Klassen umgesetzt, etwa eine „Profilwerkstatt“, bei der Volksschülerinnen und -schülern geschulte Schülerinnen und Schüler zeigen, was sie an dem Realgymnasium mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt erwartet. Sie macht auch Achtsamkeitsübungen in den Klassen: „Die führen etwa in kontemplatives Schreiben. Dabei können die Jugendlichen alles niederschreiben, was sie möchten, ganz ohne Bewertung. Es geht darum, Stress abzubauen und sich mit sich selber zu befassen. Ich mache auch Atem- und Mitgefühlsmeditationen mit ihnen, und die Schülerinnen und Schüler schätzen das sehr.“ Dass Glück ein fortlaufender Prozess ist, beweist das neue Projekt am Gymnasium Bad Vöslau/Gainfarn – arbeiten die Schülerinnen und Schüler doch gerade an einen Chill-out-Zone im Garten des Geländes.
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