Erziehung

„Mama, gibt es das Christkind wirklich?“

Kinder lieben den Heiligen Abend mit seinen Überraschungen. Und die Hoffnung ist jedes Mal groß, das Christkind auch einmal zu sehen. Aber wie sollen Eltern damit umgehen, wenn ihr Kind plötzlich Zweifel bekommt?

Luisa ist unglaublich aufgeregt. Heute endlich wird das Christkind kommen. Den ganzen Nachmittag war sie mit ihrem kleinen Bruder und dem Vater auf dem Weihnachtsmarkt, weil das Christkind zu Hause den Baum aufputzt und die Geschenke darunterlegt. Dazu braucht es natürlich Ruhe und keine neugierigen Kinder, die dabei stören. Sie hofft inständig, dass der ersehnte Scooter unter den Geschenken sein wird. Schließlich hat sie sogar zwei Briefe deswegen geschrieben. Einen an das Christkind und einen an den Weihnachtsmann. Vielleicht ist der ja für das zarte Christkind zu schwer. Dann kann ihn der Weihnachtmann auf seinem Schlitten mitnehmen.

Sie hat ihre Mama gefragt, wie das die beiden überhaupt machen. Es gibt doch so viele Kinder auf der Welt. Wie können denn alle Geschenke transportiert werden? Und vielleicht vergessen die zwei bei all dem Stress gerade auf den Scooter. Ihre Mutter hat nur geheimnisvoll gelächelt und gesagt, dass in dieser besonderen Nacht viele Helferlein das Christkind und den Weihnachtsmann unterstützen.

Schon lange vor Weihnachten sammeln sie alle Wunschbriefe oder reden mit den Eltern darüber, was die Kinder sich wünschen. Dann packen sie die Geschenke ein und beladen viele Himmelsgefährten damit. In der Heiligen Nacht setzt sich dann ein großer Konvoi in Bewegung und bringt den Kindern ihre Gaben. Luisa war beruhigt, dass alles offenbar gut organisiert ist. Obwohl sie gehört hat, dass es Kinder gibt, deren Eltern arm sind. Und dass diese Kinder dann keine Geschenke bekommen oder nur ganz wenige. Das kann sie zwar nicht verstehen, aber sie denkt dann auch nicht weiter darüber nach.

Bei ihr zu Hause hat sich die ganze Familie versammelt, und endlich läutet ein leises Glöcklein. Die Türe zum Bescherungszimmer öffnet sich weit, und wie jedes Jahr laufen Luisa und ihr Bruder Mike zum offenen Fenster, um doch noch einen Blick auf das Christkind zu erhaschen. Aber es ist schon weitergeflogen, und die Kinder finden nur eine weiße Feder, die es von seinen Flügeln verloren hat. An jedem 24. Dezember bleibt so eine Feder am Fensterbrett zurück und wird das ganze Jahr über wie ein Schatz gehütet. Luisa strahlt. Ein wunderschöner Scooter steht unter dem Baum – ihr Wunsch wurde also erhört. Und mit roten Backen und glänzenden Augen flüstert sie: „Danke, liebes Christkind! Danke, lieber Weihnachtsmann!“

Magie zu Weihnachten

So oder so ähnlich verlaufen die Geschehnisse in den Wohnungen und Häusern, in denen kleine Kinder wohnen. Welch unglaubliche Magie liegt doch über einem Weihnachtsfest, an dem Kinder teilnehmen, deren Glauben an das Christkind noch unerschütterlich ist. Eltern sollten jede Sekunde davon genießen, denn irgendwann taucht dann einmal die Frage auf: „Gibt es das Christkind wirklich? Kommt tatsächlich der Weihnachtsmann vom Himmel herunter und bringt den Baum und die Geschenke?“

Wie sollen Eltern sich dann verhalten?

Es ist ein großer Unterschied, ob ein vierjähriges Kind fragt oder ein sechs-, sieben- oder achtjähriges. Versuchen Sie auf jeden Fall zu erfühlen, welche Antwort in einem bestimmten Fall die richtige ist. Das können Sie herausfinden, indem Sie eine Gegenfrage stellen: „Was denkst du denn – gibt es das Christkind?“ Dann erkennen Sie rasch, was das Kind glaubt. Manchmal hören Ihre Kinder Gerüchte im Kindergarten, in der Schule oder von älteren Geschwistern. Dann sind sie verunsichert und fragen nach. Sie müssen in diesem Fall entscheiden, ob es der richtige Zeitpunkt für eine Aufklärung ist. Oder ob Ihr Kind nur eine Bestätigung möchte, dass die anderen Unrecht haben und das Christkind sehr wohl existiert. Es ist weder für Sie noch für Ihr kleines Kind ein schöner Moment, wenn sein Glaube zu früh zerstört wird. Wenn also Ihr Vierjähriger diese Frage stellt, weil er ein Geschenk fand oder Sie beobachtet hat, wie Sie den Christbaum gebracht haben, könnten Sie sagen: „Weißt du, Schätzchen, manchmal bittet das Christkind die Erwachsenen um Hilfe, weil es doch rund um Weihnachten so schrecklich viel zu tun hat.“

Anders sieht die Sache aus, wenn die Kinder älter sind. Dann ist es besser, die Wahrheit zu sagen. Gehen Sie dabei liebevoll und einfühlsam vor, denn es ist schwer, sich von einer wunderschönen Vorstellung zu verabschieden. Trösten Sie Ihr Kind, falls die Enttäuschung zu groß ist und sogar Tränen fließen. Sie können auch in Aussicht stellen, dass ab nun eine neue Phase bei der Gestaltung des Weihnachtsfestes beginnt. Denn jetzt kann das Kind bei den Vorbereitungen helfen und wird so miteinbezogen. Es kann in Zukunft helfen, den Christbaum zu schmücken oder Geschenke einzupacken. Das stärkt sein Selbstbewusstsein und die Bindung in der Familie.

Andere Kulturen – andere Rituale

Heute kann das Zusammentreffen vieler Kulturen mit ihren unterschiedlichen Ritualen vielleicht auch bei Ihrem Kind zu Verwirrung führen. Eric wartet auf Santa Claus, der mit den Rentieren am Morgen des 25. Dezember vorbeikommt. Für Slavica ist Weihnachten erst am 6. Jänner, und Achmed weiß zunächst überhaupt nicht, wer das Christkind ist. Hier sind viel Fingerspitzengefühl und Verständnis nötig, um bei der Frage eines kleinen Kindes sensibel zu reagieren. Die Antwort könnte etwas so lauten: „Es ist unheimlich anstrengend, die Geschenke zu den Kindern auf der ganzen Welt zu bringen. Deshalb teilen sich der Weihnachtsmann und das Christkind die Arbeit auf. Außerdem schaffen sie es einfach nicht an einem Abend. Daher kommen sie zu uns früher und zu anderen ein wenig später. In dem Land, wo Achmed herkommt, waren die beiden noch nie, weil die Erde so groß ist.“ Älteren Kindern können Sie natürlich den Hintergrund der verschiedenen Religionen und ihrer Gebräuche erklären. Es gibt eine entzückende Geschichte aus dem Jahr 1897, in dem die achtjährige Virginia O’Hanlon der New Yorker Tageszeitung „Sun“ folgende Frage schickte: „Einige meiner Freunde sagen, es gibt kein Christkind (in Amerika Weihnachtsmann, Anm.). Mein Papa meint, was in der ‚Sun‘ steht, istmimmer wahr. Bitte sagen Sie mir also: Gibt es ein Christkind?“

Der Chefredakteur Francis Pharcellus Church antwortete auf der Titelseite seines Blattes: „Ja, Virginia, es gibt ein Christkind. So gewiss wie die Liebe, die Großzügigkeit und die Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es kein Christkind gäbe. Gewiss, du könntest deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend das Christkind fangen. Das würde nicht gelingen, weil kein Mensch es je gesehen hat. Aber das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge im Leben sind meist unsichtbar. Das Christkind lebt und wird ewig leben. Sogar in zehn mal zehntausend Jahren wird es da sein, um das Herz der Kinder zu erfreuen.“
Also, wer weiß?

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