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Jobsharing

Nach der Karenz wollen viele Mamis wieder zurück in den Beruf. Gefragt sind familienfreundliche Arbeitszeitmodelle, bei denen sich ein erfüllender Job gut mit den Kindern vereinbaren lässt. Jobsharing macht genau das möglich: zwei Mütter teilen sich eine Vollzeitstelle.

Citybikes, Taxidienste, Foodsharing, Nachbarschaftsgärten oder Wohnungen. Unzählige innovative Geschäftsmodelle zeigen vor, wie es geht. Die Rede ist vom Teilen. Die sogenannte Sharing Economy ist überzeugt davon, dass wir durch den Trend des Teilens Ressourcen besser nutzen, Geschäftswelten flexibler gestalten können, und unsere Gesellschaft somit über kurz oder lang sozialer und menschlicherwird. Ein Ansatz, der vor allem auch bei Familien großen Anklang findet. Ganz oben auf der Wunschliste: kinderfreundlichere Arbeitszeitmodelle. Neben gängigen Strukturen wie Homeoffice und klassischer Teilzeit setzen immer mehr berufstätige Eltern auf Jobsharing. Soll heißen: zwei Leute teilen sich eine Vollzeitstelle.

Mehr Familie und mehr Motivation

Vorbild sind die USA. Und auch hierzulande haben sich Unternehmen und Arbeitnehmer das Modell des Sharings zu Nutze gemacht. Zwar ist das Thema in Österreich noch nicht so weit verbreitet. Experten rechnen aber damit, dass Jobsharing mittelfristig flächendeckend Anklang findet. Wie man sich das Teilen einer Vollzeitposition vorstellen kann? Zwei Mitarbeiter besetzen ein und dieselbe Stelle und arbeiten jeweils Teilzeit. Der Vorteil für beide: Sie können kürzertreten, ohne gänzlich aus dem Unternehmen auszuscheiden, und in Summe Familie und Beruf besser organisieren. Vor allem Mütter – und vermehrt auch Väter – streben danach, einen erfüllenden Job mit der Familie bestmöglich zu vereinen. Frauen, die beispielsweise vor der Familiengründung eine anspruchsvolle Position innehatten, müssen diese nicht zwangsläufig aufgegeben. Und auch für Unternehmen ergibt sich eine Reihe positiver Effekte. Denn eines ist klar: Um qualifizierte Mitarbeiter langfristig zu halten, braucht es unter anderem flexible Arbeitszeitmodelle. Arbeiten zwei Mitarbeiter in derselben Position, können Synergien aus unterschiedlichen Kompetenzen genutzt werden, weil jeder andere Qualifikationen mitbringt und sich die Sharer – die Fachwelt spricht von Tandempartnern – optimal ergänzen können. Außerdem besteht die Möglichkeit, Auszeiten durch Krankheit oder Urlaub mit Hilfe des Partners abzufedern. Bei Spitzenauslastungen oder Ausfällen kann ebenfalls besser reagiert werden, weil zum Beispiel auch eine temporäre Mehrarbeit eines Tandempartners leichter möglich ist, als dies oft bei ohnedies überlasteten Vollzeitkräften der Fall ist. Im Übrigen sind Jobsharer, gerade weil sie neben ihrer Arbeit noch genug Platz für ihr Privatleben haben, in der Regel motivierter und agiler.

Man braucht viel Organisationstalent!

Kerstin Gruber, Geschäftsleitung Peek & Cloppenburg

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Ein Chefposten – zwei Chefinnen

Jobsharing macht es freilich auch möglich, dass zwei Führungskräfte sich eine Chefposition teilen. Topsharing nennt sich das dann. Dass dieses Modell im Ergebnis besonders attraktiv für alle Beteiligten ist, zeigt unter anderem das Peek-&-Cloppenburg-Verkaufshaus in Wiener Neustadt. Dort teilen sich Kerstin Gruber und Ozana Zeba die Geschäftsleitung. Gruber ist etwa zweieinhalb Tage pro Woche im Büro. Zeba dreieinhalb. Die beiden Frauen überschneiden sich pro Woche einen halben Tag, der insbesondere dazu genutzt wird, um sich abzustimmen. „Beim Jobsharing ist es essenziell, dass die beiden Partner ein eingespieltes Team sind und ein hohes Organisationstalent aufweisen. Beide sollten entscheidungsfreudig und kompromissbereit zugleich sein“, sagt Kerstin Gruber. Denn eines ist klar: Vor allem am Anfang braucht es Zeit, um Abläufe zu optimieren. Auch beim Ikea-Einrichtungshaus in Haid teilten sich mit Michaela Foißner-Riegler und Nicole Reitinger über mehrere Jahre zwei Topmanagerinnen die Geschäftsführung.

Bei wichtigen Themen immer füreinander erreichbar!

Nicole Reitinger und Michaela Foißner-Riegler, Managerinnen bei Ikea

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Straffe Organisation und klare Regelungen

Wie bei jedem Partnerschaftsmodell ist auch beim Jobsharing vieles individuell regelbar: Wer macht wann wie viele Stunden? Wer erledigt welche Aufgaben? Wer trägt die Verantwortung für das Ergebnis oder für Fehler? Rein rechtlich gesehen bekommen Jobsharer klassische Teilzeitverträge. Spezifische Zusatzvereinbarungen können erforderlich sein, um beispielsweise die Aufteilung von Boni oder Prämienleistungen zu regeln. Oder Detailbestimmungen hinsichtlich Entscheidungsfindung, Vertretung oder Ergebnisverantwortung. Beim Jobsharing geht es nicht nur um die klassische Arbeitsteilung pro Woche in Montag bis Mittwoch oder Mittwoch bis Freitag. Denkbar sind auch Modelle, bei denen einer die Vormittage, der andere die Nachmittage macht. Auch tageweises Jobsharing ist eine Variante, ebenso wie generationsübergreifende oder auch interkulturelle Tandems. Die Suche nach zwei oder mehreren Mitarbeitern, die sich zeitlich tatsächlich einen Job teilen wollen, gestaltet sich nicht immer leicht. Dieses Problem erkannte auch das deutsche Unternehmen Tandemploy. Seit 2014 bemüht sich die erste Onlineplattform für Jobsharing darum, Unternehmen und Jobsuchenden das Leben zu erleichtern. Arbeitnehmer finden auf der Seite ihr passendes Gegenüber, um sich einen Job zu teilen, sowie Unternehmen, die offen für Jobsharing sind. Arbeitgeber hingegen können explizit teilbare Stellen ausschreiben. Eine vergleichbare Plattform in Österreich sucht man derzeit noch vergeblich. „Mit Blick auf die neuen Generationen wird es nur eine Frage der Zeit sein, dass unsere Arbeitswelt mehr und mehr als ein flexiblerer, kooperativerer und vor allem auch lebensphasenfreundlicherer Ort gedacht wird“, meint Peter Rieder. Der Unternehmensberater und Gründer von Arbeitswelten Consulting sieht die Haupthürde hierzulande in der ausgeprägten Überstunden- und Präsenzkultur. HR-Manager, die Jobsharing skeptisch gegenüberstehen, argumentieren demnach häufig mit der erforderlichen vollen Anwesenheit der Mitarbeiter. Zweifel habe man auch bezüglich der höheren Personalkosten. Befürworter halten allerdings dagegen, dass etwaige zehn Prozent höhere Lohnkosten für Jobsharer dadurch wettgemacht werden, dass Tandempartner sich beispielsweise im Krankheitsfall vertreten können. Außerdem seien Teilzeitkräfte erwiesenermaßen im Schnitt um zehn bis fünfzehn Prozent produktiver. Machen die Partner etwa jeweils gar 30 Stunden pro Woche, kann das in Summe mehr sein, als ein Vollzeitbeschäftigter für diese Stelle bewältigt.

Tipps für Jobsharer

von

Peter Rieder
Consultant
www.arbeitswelten.at

Aufgabenverteilung definieren: gemeinsame und getrennte Agenden klar festlegen.

Zuständigkeit bei Entscheidungen und Ergebnisverantwortung regeln: vor allem bei Tätigkeiten, die nicht einem eindeutigen Zeitfenster zuzuordnen sind.

Transparenter Informationsfluss: zeitliche Überlappungen bzw. Zeiten für Übergaben und Abstimmungen einplanen.

Mobbing und Machtspiele: Tappen Sie zum Beispiel nicht in die „Good cop, bad cop“-Falle. Jobsharing lebt von Transparenz und Vertrauen.

Das Rad nicht neu erfinden: Wählen Sie konkrete Modelle mit Zeiteinteilungen, Vertretungsregelungen etc., die bereits erprobt sind.

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