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Insta ungeschminkt – so nutzen Jugendliche Instagram

Eine Studie der IKW in Deutschland hat untersucht, was Jugendliche an Instagram fasziniert. Fazit: die schöne Welt auf Instagram ist ein Mittel gegen Unsicherheit.

Mädchen aufschauend mit Smartphone

Die nackten Zahlen sind beeindruckend: 74 Prozent der Jugendlichen gehen bis zu 20 Mal am Tag auf Instagram. Mehr als ein Drittel verbringt mehr als vier Stunden täglich auf dieser Plattform. Und 35 Prozent der Schüler sind auch während der Schulzeit online.

Doch was fasziniert die Jugendlichen so an der digitalen Glitzerwelt? Die tiefenpsychologisch-repräsentative Studie „Insta ungeschminkt“ des deutschen Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel erklärt,  welchen Einfluss das auf ihre Entwicklung hat. Das Ergebnis: Auf Instagram versuchen viele Jugendliche, eine rundum kontrollierbare Traumwelt zu installieren, in der alles perfekt ist und sie unangreifbar sind.

Instagram als Mittel gegen Kontrollverlust

Jugendliche haben heute in vielen Bereichen des täglichen Lebens das Gefühl, keine Kontrolle über die Abläufe und über das Bild, das sie nach außen hin abgeben, zu haben. Die Auslöser dafür sind vielfältig, etwa  durch Trennungen in der Familie, gesellschaftliche Umbrüche wie die Flüchtlingskrise oder die eigene körperliche Veränderung in der Pubertät. Die Jugendlichen haben daher Strategien entwickelt, die dem gefühlten Kontrollverlust entgegenarbeiten. Dazu zählt auch die intensive Nutzung von Instagram. Sie dient ihnen dazu, die Kontrolle in ihrem Leben zurückzugewinnen. Hier inszenieren sich die Jugendlichen sich eine Welt, in der sie scheinbar perfekt und unangreifbar sind und in die sie sich  immer häufiger zurückziehen. Zwei Drittel von ihnen, so die Studie, sind gerne auf Instagram, weil sie sich dadurch vom Alltag ablenken können. Mehr als 50 Prozent sagen, dass sie auf Instagram in eine schöne und heile Welt eintauchen können.

Die Jagd nach digitaler Aufmerksamkeit

Dabei befinden sich die Jugendlichen in einer permanenten Jagd nach digitaler Aufmerksamkeit. Die Reichweite des eigenen Accounts hat für sie eine große Bedeutung. Denn die Zahl der Follower zeigt, wie besonders man ist. Und das ist entscheidend für das eigene Selbstwertgefühl. Positive Kommentare, Herzchen und Bewertungen in Form von Superlativen sind daher nicht nur erwünscht, sondern werden in hoher Zahl geradezu erwartet. Sie tragen entscheidend zur eigenen Selbstfindung bei, die in direkter Abhängigkeit zu der Perfektion der Posts und der Anzahl der Follower steht. 67 Prozent der Befragten geben an, dass sie mehr als 100 Follower haben, 36 Prozent sogar mehr als 200. Diese Zahlen müssen immer weiter gesteigert werden. „Sehen und gesehen werden“ heißt das Motto. Und wehe, das gelingt nicht. Dann erhält das ohnehin bei dieser Zielgruppe leicht ins Wanken zu bringende Selbstbewußtsein tiefe Risse. Im Extremfall ziehen sich die Jugendlichen als Folge von öffentlicher Ablehnung ganz aus der realen Welt zurück. Das kann bis zu Selbstmordgedanken führen.

Fake ersetzt die Realität

Getrieben von professionellen Vorbildern, etwa Influencern, optimieren die Jugendlichen in mühevoller Kleinarbeit das digitale Bild von sich. Jedes Foto wird sorgfältig inszeniert und vor Veröffentlchung bearbeitet, damit nur ja kein Gramm Fett und kein Pickel zu viel zu sehen ist. Man zeigt sich nur von seiner „Schokoladenseite“, vermeintlich hässliche Bilder werden gelöscht. Emotionen und persönliche Geschichten werden genauso vermieden wie die Auseinandersetzung mit sich selbst. Es gibt standardisierten Posen, die auf Instagram allgemein akzeptiert sind. Dazu gibt es die ungeschriebene Regel, sich nur in perfekten Make-up oder Haarstyling zu zeigen, egal, ob Jungen und Mädchen. So glauben die Jugendlichen, dass sie beim Gang in die Öffentlichkeit  kein Risiko eingehen und daher unangreifbar sind. Mehr als 60 Prozent der Mädchen sagen, dass sie sich für Make-up oder Haarstyling auf Instagram interessieren. Für 40 Prozent der Burschen ist das Haar-Styling besonders wichtig.

Kontrollsucht

Mit Oberflächlichkeit der Jugend hat dies laut der IKW-Studie wenig bis gar nichts zu tun. Den Jugendlichen ist vielmehr wichtig, die Kontrolle darüber zu behalten, wie sie selbst von anderen wahrgenommen werden. Dazu investieren die Jugendlichen enorm viel Zeit und auch Geld – von Make-up bis Kleidung. Das Ziel ist ein idealisiertes Bild von sich selbst. Die eigene Persönlichkeit und die eigene Meinung bleiben dabei allerdings auf der Strecke.

Die IKW-Studie: Im Rahmen der qualitativen Befragung wurden Gruppeninterviews mit insgesamt 24 jungen Frauen und Männern im Alter von 16 bis 22 Jahren durchgeführt. Für die repräsentative quantitative Befragung wurden mehr als 1.000 junge Frauen und Männer im Alter von 14 bis 21 Jahren befragt.

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