Gesundheit

Ich kann nicht mehr!

Hatte man bisher eher Manager, Banker und Leute mit ausgesprochenen Stress-Jobs im Kopf, wenn es um Burnout geht, so sind aktuell auch immer mehr Schüler und Jugendliche betroffen.

Was meint man nun, wenn man von Burnout spricht? Laut Experten handelt es sich dabei um einen tiefgreifenden psychischen und körperlichen Erschöpfungszustand. Und es ist längst keine Berufskrankheit mehr, permanente Erschöpfung tritt auch häufig bei Kindern und Jugendlichen auf – Überforderung und Überlastung, und deren Folgen, kennen kein Alter. Ständig auf WhatsApp, Instagram oder TikTok, ein Tag gefüllt mit Schule und Aktivitäten – das Tempo erhöht sich zusehens, und viele Kinder und Jugendliche kommen in ihrem Alltag nicht zur Ruhe. In Österreich leidet bereits jedes 3. Schulkind über zehn Jahren massiv unter Stress, rund 60.000 Schülern droht bereits ein Burnout, weitere 150.000 sind temporär stark belastet – so aktuelle Zahlen. Überlastungs- und Erschöpfungssymptome müssen daher richtig gedeutet und ernstgenommen werden, denn das Kind kommt oft ohne Hilfe nicht mehr aus dieser extrem belastenden Situation heraus.

Burnout erkennen
Eltern sollten sich der Burnout-Gefahr bei ihren Kindern bewusst sein und frühzeitig auf entsprechende Symptome reagieren. „Hinweise für Überlastungen äußern sich bei Kindern oft durch körperliche Auffälligkeiten: Kinder klagen über Bauch- oder Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Übelkeit. Dazu kommt das Gefühl, oft ausgelaugt und spielunlustig zu sein. Betroffene Kinder nehmen in der Freizeit eine „konsumierende Haltung“ ein: Die Energie reicht nur für TV, Handy oder Laptop“, erklärt Psychologin und Psychotherapeutin Christa Schirl. Dazu kommt oft, dass fehlende Energie durch ungesundes Essen kompensiert wird oder im Gegenzug die Kinder unter Appetitlosigkeit leiden, führt die Psychologin weiter aus. „Betroffene Kinder ziehen sich immer mehr zurück, haben fallweise auch autoaggressive Tendenzen oder leiden unter Angst- und Panik-Attacken.“ Kommen vom Kind Sätze wie „Ich kann nicht mehr!“ „Ich mag nicht mehr!“ „Mir geht es schlecht!“, so ist das ein Alarmsignal. Geht es dem Kind nicht gut, erkennt man das auch an seinem Auftreten. Die Körperhaltung wirkt resigniert, die Körperspannung fehlt, die Schultern hängen nach unten.

Keine Privatsache des Kindes

Viele Kinder und Jugendliche wollen jedoch von sich aus nicht über die Probleme und die Überforderung sprechen. „Hier gilt es, das eigene Verhalten und das eigene Wertesystem zu hinterfragen. Kinder wollen Eltern nicht enttäuschen. Sie spüren die Erwartungen der Eltern“, so Christa Schirl, und weiter: „Kinder brauchen das Gefühl, dass sich Eltern Zeit nehmen, keine schnellen Lösungen suchen, wirklich interessiert sind und zuhören können.“ Das Ende der Gesprächsbasis zwischen Eltern und Kind ist oft der Anfang der psychischen Krise. Daher rät sie für das Gespräch mit dem Kind: Achten Sie auf Ihre Körpersprache, ein liebevoll zugewandter Blick, eine ruhige Stimme und „offene“ Fragen sind vertrauensbildend. Versuchen Sie, die Welt mit den Augen des Kindes zu sehen. Signalisieren Sie Ihrem Kind: „Ich verbringe gerne Zeit mit Dir“ und parken Sie Ihr Handy, sodass Sie nicht abgelenkt werden. Führen Sie medienfreie Zeiten ein. Auch über gemeinsame Aktivitäten wie Trampolinspringen, Radausflug, Bogenschießen oder auch Brettspiele kommt man seinem Kind wieder näher. Schafft man es nicht, die Barriere zu überwinden, können Vertrauenspersonen wie ein Pate, Onkel, Tante oder Großeltern wichtige Vermittler sein.

Den Leistungsdruck mindern
Kinder haben feine Antennen und spüren oft genau, wie Eltern zum Thema Schule und Noten stehen. Dazu kommen Ängste der Erwachsenen, das Kind könnte die Karriereleiter nicht so erklimmen, wie sie es sich wünschen. Daher ist es im ersten Schritt wichtig, dass sich Eltern selbst reflektiv die Frage stellen, wie sie zu den Themen Noten, Leistung und Lernen stehen und eigene Lebensentwürfe und Wünsche für das Kind kritisch zu hinterfragen. „Hast du schon gelernt? Wie war die Schularbeit? Welche Noten haben die anderen Kinder?“ – sind Fragen, die Kinder oft nerven. Besonders Vergleiche mit anderen sind nicht hilfreich, weil sie auf die Einzigartigkeit des Kindes keine Rücksicht nehmen. Lernziele sollten sich immer an den Fähigkeiten der Kinder orientieren. Eltern sollten sich der Stärken und Talente ihres Kindes bewusst sein und versuche diese zu stärken. Auch gehören selbst kleine Siege in der Schule gefeiert, Erfolgserlebnisse müssen von Kindern und Eltern entsprechend genossen werden. Und es gilt: Man darf auch mal „danebenhauen“, ohne gleich sein Selbstwertgefühl zu verlieren und Konsequenzen fürchten zu müssen.

Christa Schirl ergänzt: „Auch das Thema Freizeit ist unter die Lupe zu nehmen. Musik oder Sport können helfen, Stress abzubauen. Aber auch in diesen Bereichen darf das Spielerische nicht zu kurz kommen, Wettbewerb und Leistungsdruck dürfen hier nicht im Zentrum stehen.“ Auch ein Zuviel an geplanter Freizeit kann Stress erzeugen. Kinder brauchen auch freie ungeplante Zeit als Ausgleich zur Schule. Für jeden Schüler muss auch Zeit bleiben, einmal „rumzuhängen“ und das Leben zu genießen.

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