Gesundheit

Die Geheimnisse der Muttermilchforschung

Wissenschaftler von Danone Nutricia Research versuchen das Wunder der Natur zu entschlüsseln

In den ersten 1.000 Tagen im Leben eines Kindes – dem Zeitraum von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des zweiten Lebensjahres – entwickelt sich das neue Leben in rasantem Tempo. Ernährung spielt in dieser Phase eine zentrale Rolle, allen voran die Muttermilch. Sie bietet dem Säugling alle Nährstoffe in optimaler Zusammensetzung, die er für seine Entwicklung und sein Wachstum benötigt. Und hat damit auch langfristig Einfluss auf die Entstehung von Krankheiten wie Allergien, Übergewicht oder Diabetes. Forscher von Danone Nutricia Research, dem Muttermilchforschungszentrum von Milupa, versuchen dieses Wunder zu entschlüsseln und die Wirkung einzelner Inhaltsstoffe in Säuglingsnahrungen nachzuempfinden.

Die Entschlüsselung des Goldstandards

Muttermilch ist die ideale Nahrung für Säuglinge. Unterschiedliche Gründe können dazu führen, dass manche Säuglinge nicht oder nur kurzzeitig gestillt werden. Aktuell kommen täglich mehr als 210.000 Babys auf die Welt, davon werden nur 43 Prozent gestillt. Für sie stellt industriell hergestellte Säuglingsnahrung die einzige Alternative dar. Damit auch sie einen gesunden Start ins Leben erhalten, versuchen die Wissenschaftler im Rahmen der Muttermilchforschung die Natur im Detail zu verstehen, um ihre Wirkung optimal nachbilden zu können. Einer dieser Forschungseinrichtungen ist das Danone Nutricia Research in Utrecht/Niederlande, wo Milupa Nahrungen entwickelt werden. Rund 400 Experten erforschen hier in interdisziplinären Teams bestehend aus Biologen, Ernährungswissenschaftlern, Lebensmittelchemikern und Medizinern Muttermilch und die besonderen Ernährungsbedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern. Forschungsschwerpunkt bilden dabei die Entwicklung des Immunsystems, der Darmmikrobiota sowie des Gehirns und die Frage, wie diese jeweils durch die Ernährung positiv beeinflusst werden kann. „Muttermilch ist das Maß aller Dinge, ein Geniestreich der Natur, aber auch Ansporn, dieses Wunderwerk besser zu verstehen“, so Dr. Bernd Stahl, Leiter der Muttermilchforschung bei Danone Nutricia Research.

Im Forschungszentrum von Danone Nutricia Research kommt modernste Technik zur Feinanalyse der Muttermilch zum Einsatz.

Die Wirkung verstehen

Um die Zusammensetzung der Muttermilch besser zu verstehen, müssen die Forscher zunächst ihre Bestandteile immer weiter und feiner auftrennen. So wird die Muttermilch im ersten Schritt durch unterschiedliche Verfahren in ihre Hauptbestandteile Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate aufgespalten. Anschließend werden mit Chromatographie nach Größe getrennt. Die MALDI- Massenspektrometrie erlaubt es anschließend noch feinere Analysen durchzuführen und beispielsweise die mehr als 1.000 unterschiedlichen Kohlenhydratstrukturen in der Muttermilch voneinander zu unterscheiden. Hierbei werden winzige Muttermilchproben auf eine spezielle Metallplatte aufgebracht und im Hochvakuum mit einem Laser beschossen. Des Weiteren wird auch Tandem Massenspektrometrie (LC-MS) zur Identifizierung und Quantifizierung von Muttermilchbestandteilen eingesetzt. Damit können Bestandteile der Muttermilch bis in den Sub-Nanogrammbereich genau bestimmt und charakterisiert werden.

Haben die Wissenschaftler eine neue Substanz entdeckt, stellt sich die Frage, was sie bewirkt und wie man sie für Säuglingsnahrungen nutzen kann. Aus diesem Grund werden in Zusammenarbeit mit Universitäten und Partnerlaboren zahlreiche präklinische Wirkungsanalysen durchgeführt, um mögliche Wirkungen und Reaktionen zunächst an speziellen Zellkulturen zu überprüfen.

Im nächsten Schritt erproben die Forscher dann die Wirkungsweise der neuen Substanz – zum Beispiel in einem „künstlichen Darm“ (siehe Titelbild). An diesem Modell kann das komplexe Zusammenspiel von Nahrung, Enzymen und der Darmflora nachgestellt und können unter anderem die Effekte der neuen Substanz auf die Darmflora insgesamt beobachtet werden. Zeichnet sich hier eine positive Wirkung ab, gilt es, in der Natur Substanzen zu finden, die entweder mit denen in der Muttermilch identisch sind oder deren Funktionsweise optimal nachahmen.

Hat sich in präklinischen Studien eine positive Wirkung gezeigt und ist die Sicherheit gewährleistet, gilt es, abschließend die Wirksamkeit in klinischen Studien zu verifizieren. Zeigen auch diese klinischen Studien eine positive Wirkung, setzt die Produktentwicklung die neuen Erkenntnisse in ein ausgewogenes, optimal zusammengesetztes Produkt um. Nicht zuletzt sorgt sie dafür, dass die Produkte alle wichtigen Nährstoffe enthalten und leicht zuzubereiten sind. Dafür werden in Pilotanlagen die ersten „Prototypen“ des neuen Produkts hergestellt.

Meilensteine der Muttermilchforschung

Die Forschungseinrichtung hat bisher in drei Schritten die Säuglingsernährung revolutioniert: 1968 wurde eine Säuglingsnahrung eingeführt, deren Eiweißzusammensetzung an die von Muttermilch angepasst ist. 1992 wurde mit der Entdeckung langkettiger mehrfach ungesättigter Fettsäuren in Muttermilch ein weiterer Meilenstein gesetzt. 2002/2003 wurde dann eine patentierte Ballaststoffmischung aus kurzkettigen Galacto- und langkettigen Fructo-Oligosacchariden [scGOS/lcFOS (9:1) entwickelt.

Aktuell zeigt die Forschung vielversprechende, zukunftsweisende Ernährungskonzepte mit Pre-, Pro-, Syn- und Postbiotika, um die Darmmikrobiota und das Immunsystem positiv zu beeinflussen. Während Postbiotika in Kombination mit Prebiotika dazu beitragen können, die Darmflora gesunder Säuglinge zu stärken, kann die Gabe von Synbiotika, also die Kombination aus Pre- und Probiotika, helfen, das Ungleichgewicht der Darmflora (Dysbiose) bei Säuglingen mit erhöhtem Allergierisiko präventiv zu behandeln oder bei diagnostizierter Allergie, wie einer Kuhmilcheiweißallergie, zu therapieren.

Da Ernährung, Lebensstil und Umwelt der Mutter einen Einfluss auf die Muttermilch haben, wird künftig die Wechselwirkung zwischen dem Ernährungsverhalten der Mutter sowie anderen Umweltfaktoren und der Nährstoffzusammensetzung der Muttermilch in den Fokus rücken. „Wir leben in einer sich verändernden Welt. Auch Muttermilch verändert sich. Was wir heute darüber wissen ist gerade einmal die Spitze des Eisbergs“, so Dr. Stahl.

In dem 2013 eröffneten Forschungszentrum von Danone Nutricia Research wird zur frühkindlichen und medizinischen Ernährung geforscht

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