Gesundheit

Darm-Alarm im Urlaub: So klappt es mit der Verdauung

Kinder reagieren häufig auf eine Umstellung der Ernährung oder eine fehlende Toilette zur „richtigen“ Zeit – und leiden im Urlaub an Verstopfung. Mangelnde Hygiene löst hingegen oft Durchfall aus. Wie man sich wappnet.

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Die Wasserflasche wird aus dem Wasserhahn nachgefüllt, das Getränk im Lokal mit Eiswürfeln bestellt oder am Buffet beim Salat so richtig zugelangt – und schon ist er da, der Reisedurchfall. „Je weiter südöstlich man urlaubt, desto größer das Risiko, daran zu erkranken, aber es muss nicht immer die Fernreise sein, manchmal passiert es auch schon an der Adria“, weiß Thomas Benkö, Leiter der Bauchschmerzambulanz der Kinderchirurgie der Medizinischen Uni Wien.

Häufigster Verursacher der Durchfallerkrankung ist eine Infektion mit Bakterien, die in verunreinigtem Trinkwasser oder Obst und Gemüse vom Markt zu finden sein können, oder Viren wie etwa Noroviren, die über Tröpfcheninfektion, verunreinigte Gegenstände oder Lebensmittel übertragen werden.

Vorsicht Leitungswasser!

Vorsorge ist deshalb besonders essenziell! „Die wichtigsten Regeln sind“, so Mediziner Benkö, „kein Leitungswasser zu trinken, dieses auch nicht zum Zähneputzen zu verwenden und auf Eiswürfeln zu verzichten. Stattdessen nur Wasser aus verschlossenen Flaschen verwenden.“

Weiters gilt es, kein ungeschältes Obst oder Gemüse zu essen, keinen rohen Fisch und Meeresfrüchte – auch Fleisch sollte gut durchgebraten sein – und auf kalte Soßen mit Mayonnaise ebenso zu verzichten wie auf offenes Speiseeis. Leicht einprägen kann man sich diese Verhaltensmaßnahmen mit der Regel: „Cook it, boil it, peel it or forget it!“ Auch auf regelmäßiges Händewaschen und Desinfizieren sollte man achten. „Wenn viele Menschen Zugriff auf Essen haben, etwa bei einem Hotelbuffet, ist Hygiene besonders wichtig“, betont Benkö. Denn einmal im Ressort ausgebrochen, verteilen sich die Erreger blitzschnell.

Unangenehm, aber meist harmlos

Tritt der Durchfall dennoch auf, dann meist zu Ferienbeginn. „Wenn es zu Problemen kommt, dann eigentlich in den ersten ein bis zwei Tagen“, weiß der Arzt, der auch in der Kinderarztpraxis Schumanngasse tätig ist. Die gute Nachricht: Dieser Reisedurchfall ist zwar sehr unangenehm, aber in den meisten Fällen harmlos.

Benkö: „In der Regel hört er nach drei bis vier Tagen wieder auf, und man kann ihn selbst therapieren.“ Am wichtigsten dabei ist die Flüssigkeitszufuhr. Empfehlenswert sind auch Elektrolytlösungen, die Spurenelemente wie Natrium und Kalium sowie Traubenzucker enthalten. „So wird der Mineralhaushalt rasch wieder aufgefüllt“, erklärt Benkö. Am besten, man nimmt gleich entsprechende Lösungen von der Apotheke zu Hause mit.

Klingt der Durchfall ab, sollten betroffene Kinder Schonkost essen. „Sprich: nichts Fettes, Scharfes und Süßes“, erklärt der Kinderarzt. Ansonsten darf aber mit den Ferien fortgefahren werden – also gerne ab zum Strand! Einen Arzt aufsuchen sollte man hingegen, wenn die Durchfälle blutig sind und Fieber dazukommt. Oder bei schweren Magen Darm-Krämpfen beziehungsweise wenn kleine Kinder gleichzeitig wässrigen Durchfall haben und sich übergeben.

Zu viel Süßigkeiten

Wer gerade Kinder hat, die an Durchfall leiden, würde es sich wahrscheinlich wünschen – dennoch kann auch die Verstopfung im Urlaub belastend sein. „Ein häufiger Grund für Verstopfung ist die Ernährungsumstellung am Ferienort, eine vermehrte Zufuhr von Süßigkeiten und zu wenig Flüssigkeitszufuhr bei höheren Temperaturen“, weiß Thomas Benkö aus der Praxis. Oft dürfen selbst Kinder, die daheim sonst nur gesundes Essen am Tisch vorfinden, plötzlich Mehlspeisen, Unmengen Eiscreme, Pommes Frites und anderes Fast Food im Übermaß genießen – ganz nach dem Motto: „Es sind doch Ferien …“

Anderer Rhythmus als zu Hause

Es gilt also, Eiskonsum & Co ein bisschen einzuschränken, stattdessen Ballaststoffe zuzuführen und viel zu trinken. Ein weiterer Grund ist ein psychologischer: „Die Toiletten sehen am Urlaubsort anders aus, der Geruch ist ebenfalls ungewohnt, und meist nimmt man sich auch weniger Zeit, weil der Rest in den Ferien einfach zu spannend ist“, so der Mediziner.

Dazu kommt ein anderer Rhythmus als zu Hause und dadurch eine Umstellung für den Darm – umso mehr, wenn es auch noch eine Zeitverschiebung gibt. Und gerade wenn man viel unterwegs ist, ist nicht überall eine Toilette, wenn man sie gerade dringend braucht. Beziehungsweise keine, die den hygienischen Ansprüchen der Youngsters genügt. Da der Darm Verzögerungstaktiken gar nicht mag, sollte man trotzdem jedes Klo nehmen, das bei einem dringenden Bedürfnis gerade in der Nähe ist. Man kann sie ja mit Desinfektionsmittel säubern und seinen Nachwuchs mit einer Geschichte ablenken, sodass entspannt erledigt werden kann, was ansteht.

So klappt es mit der Verdauung

„In punkto Ernährung gibt es vieles, was den Darm wieder in Schwung bringt“, verrät Benkö. „Dazu gehören etwa Gemüse, Vollkornbrot, Trockenfrüchte wie Feigen oder Pflaumen, frisches Obst, Müsli, Chiasamen oder Leinsamen in ein Joghurt gerührt; und auf jeden Fall reichlich trinken – und zwar keine gezuckerten Getränke.“ Auch eine Bauchmassage im Uhrzeigersinn wirkt anregend. Hilft das alles nicht, können Eltern ihren Kindern Milchzucker geben, der ebenfalls den Stuhlgang anregt. „Ansonsten gibt es auch Stuhlweichmacher, die Flüssigkeit anziehen und wie Ballaststoffe wirken“, so Benkö. Diese sind unbedenklich, da sie nicht resorbiert, sondern wieder ausgeschieden werden. So sollte ganz schnell der Darm kein Thema mehr sein und das Urlaubsvergnügen wieder im Vordergrund stehen.

Wann Medikamente bei Durchfall Sinn machen

Bei ganz normalem Reisedurchfall muss man nicht gleich mit Medikamenten behandeln. Denn Durchfall hilft ja, die Krankheitserreger rasch loszuwerden und aus dem Darm zu eliminieren. Sogenannte Peristaltikhemmer bremsen zwar die Darmtätigkeit, dadurch verlängert sich aber auch die Verweildauer der Keime im Darm. Kurzfristig einsetzen. Steht aber etwa die Heimreise an, z. B. mit dem Flugzeug, kann man sie schon zu diesem Zweck verwenden. Ansonsten sind viel Flüssigkeitszufuhr und die Gabe von Elektrolytlösungen ausreichend. Hat man keine solche Lösungen dabei, kann man in einem Liter Orangensaft ein bis zwei Esslöffel Zucker und einen Teelöffel Kochsalz auflösen und schluckweise zum Trinken geben. Probiotika in der Reiseapotheke. Neben diesen Lösungen, die man sich schon daheim in der Apotheke besorgen sollte, kann man auch Probiotika miteinpacken. Diese enthalten Mikroorganismen, die rasch die Darmflora wieder herstellen. Laut verschiedenen Studien verkürzt eine Einnahme dieser Probiotika Reisedurchfälle um einen Tag.

Dr. Thomas Benkö, Kinderarzt

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STRENG VERBOTEN

Damit der Reisedurchfall den Familienurlaub nicht vermiest, sollte man im Urlaub – vor allem in südlichen Regionen – einige Dinge vermeiden.

  • Leitungswasser trinken: Wir Österreicher sind es gewohnt, bei Durst einfach ein Glas Leitungswasser zu trinken. Leider gibt es nicht überall die gleiche Wasserqualität. Deshalb sollte man in südlichen Ländern nur Wasser aus verschlossenen Flaschen trinken. Im Notfall kann man das Wasser auch abkochen um Erreger abzutöten.
  • Zähneputzen mit Leitungswasser: Ja, auch das bisschen Wasser, das man beim Zähneputzen schluckt, reicht für eine Infektion. Also auch hier Wasser aus der Flasche verwenden.
  • Eiswürfel ins Getränk geben: Eigentlich logisch – wenn man kein Leitungswasser trinken soll, dann auch keine Eiswürfel, die damit gemacht werden, ins Glas geben. Vorsicht auch in Lokalen. Man weiß nicht, mit welchem Wasser diese gemacht werden.
  • Rohes Obst und Gemüse essen: Am besten sind Obst und Gemüse, die man schälen kann. Sonst mit Flaschenwasser abwaschen. Auch auf Salate in Restaurants lieber verzichten.
  • Aufs Händewaschen vergessen: „Da war keine Seife am Klo“ ist keine Ausrede. Hygiene ist die wichtigste Vorsorgemaßnahme gegen Reisedurchfall. Deshalb unbedingt vor jeder Mahlzeit und nach der Toilette die Hände waschen. Desinfektionsmittel wie Tücher und Gels sind eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung.

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