Bildung

Citizen Science Österreich: Kleine Forscher

Immer öfter greifen Wissenschaftler bei ihren Projekten auf die Mitarbeit von Laien zurück. Bei einigen Studien können auch Kinder mitarbeiten. Besonders beliebt sind jene, die mit Tierbeobachtungen zu tun haben.

Schmetterlinge, Vögel oder Igel – wenn  Luca und Finn in der Natur unterwegs sind, gilt ihre Aufmerksamkeit den Tieren. Es wird beobachtet, identifiziert, fotografiert und anschließend – mit Hilfe ihrer Mütter – auf den entsprechenden Onlineplattformen die Informationen und Fotos hochgeladen. Das macht den beiden Buben nicht nur großen Spaß – sie unterstützen damit auch wissenschaftliche Projekte, die auf die Mitarbeit von Interessierten aus der Bevölkerung setzen.

Laienforschung boomt

Citizen Science heißt diese Beteiligung von Privatpersonen, die helfen, Daten für die Forschung zu sammeln. Das Prinzip dahinter ist einfach: Viele Köpfe sehen, sammeln und sortieren mehr. Kein Wunder, dass die Methode boomt: „Durch den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen im Internet, Smartphones und GPS hat sich sehr viel getan. Es ist jetzt einfacher, Daten und Bilder zu übermitteln“, erklärt Daniel Dörler. Der Wissenschaftler vom Institut für Zoologie der Universität für Bodenkultur Wien hat gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Heigl die Plattform „Österreich forscht“ gegründet. Dort gibt es einen Überblick über die aktuell laufenden Projekte. Das Tolle an diesen: Jeder kann mitmachen! Und so gibt es auch zahlreiche Untersuchungen und Studien, an denen Kinder teilnehmen können.

„Gerade im naturwissenschaftlichen Bereich gibt es einige Projekte, die absolut kindertauglich sind“, bekräftigt auch Petra Siegele vom Zentrum für Citizen Science. „Wenn es darum geht, Tiere zu beobachten, zu fotografieren und ihr Vorkommen zu dokumentieren, sind Kinder eifrig dabei.“

Auf den Spuren der Igel

Igelfüßchen hinterlassen markante Spuren. Luca und Finn wollen wissen, ob die Abdrücke, die sie entdeckt haben, dem kleinen Säugetier gehören können.

Das kann auch Silvia Winter aus der Praxis bestätigen. Die Agrarökologin vom Institut für Integrative Naturschutzforschung der Universität für Bodenkultur leitet gemeinsam mit Kollegin Kristina Plenk das Projekt „Die Igel sind los! Punks in unseren Gärten“. Zum Mitforschen sind alle eingeladen, die einen eigenen Garten oder Zugang zu einem Garten haben. „Möglich sind Berichte über Direktbeobachtungen oder das Sichten von Igelspuren mit Hilfe eines speziellen Igeltunnels, den die Kinder mittels Anleitung auf unserer Homepage zusammenbauen können“, so die Igelforscherin.

Der putzige Igel hat besonders viele Fans unter den jüngeren Hobbyforschern. „Durch ihre Mitarbeit gewinnen wir landesweite Einblicke in private Gärten, und die Zahl der untersuchten Grünflächen ist durch diese Hilfe natürlich ungleich höher“, so Winter. Und Tatsache ist: Die Datenqualität der Kinder bei einfachen Aufgaben liefert gleichwertige Ergebnisse zu jenen der Forschenden.

Citizen Science Award

Citizen Science Award: Bereits zum 4. Mal (die Vorjahressieger im Bild) ruft das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung Hobbyforscher und Schulklassen auf, von 1. Mai bis 30. Juni 2018 bei sechs Citizen-Science-Projekten mitzuforschen. www.zentrumfuercitizenscience. at

So weit der Bonus für die Wissenschaftler.Aber auch die Kinder profitieren von ihrer Teilnahme an Citizen-Science-Projekten: „Neugierde und Wissensdurst werden gefördert, und es wird demonstriert, dass Wissenschaft nichts Abgehobenes ist“, weiß Petra Siegele. Jeder kann mitforschen, ist daher das Motto des Citizen-Science-Awards, der auch heuer wieder vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung vergeben wird (läuft bis 30. Juni). Insbesondere Schulklassen sind aufgefordert, mitzumachen. Siegele: „Die Themen reichen von Tier- und Pflanzenbeobachtungen über die Sammlung und Digitalisierung historischer Materialien bis hin zur Generierung von Fragestellungen aus der Medizin.“

Also: Wer selbst ein City Scientist werden will – schnell anmelden!

Kindertaugliche Projekte

Naturbeobachtungen

Vom Apollofalter zum Ziesel – Naturbeobachtungen sind gefragt. Auf der Onlineplattform können alle interessierten Naturliebhaber Sichtungen von bekannten und häufigen, aber auch von seltenen und bedrohten Tieren und Pflanzen über eine einfache Eingabemaske eintragen. Es wird gefragt, wer wo wann was und wie viel von einer Tier- oder Pflanzenart gesehen hat. Wer möchte, kann seinen Fund weiter präzisieren (z. B. die Fundstelle genauer beschreiben, die Koordinaten eingeben oder eine Uhrzeit zur Beobachtung eintragen bzw. auch ein Belegfoto hochladen). Zudem stehen bestimmte Tierarten und Projekte im Fokus.
www.naturbeobachtung.at

 

Schmetterlinge Österreichs

Schmetterlinge haben es nicht leicht. In Europa haben sich ihre Bestände seit 1990 in etwa halbiert, über 50 Prozent der Tagfalter Österreichs sind laut Roten Listen akut vom Aussterben bedroht. Die Lebensräume der Schmetterlinge wurden nicht zuletzt durch landwirtschaftliche Intensivierung, die voranschreitende Zersiedelung und allgemein durch den drastischen Verlust artenreicher Blumenwiesen massiv eingeschränkt. Mit der App „Schmetterlinge“ kann jeder einen Beitrag zur Erfassung des Bestandes der österreichischen Schmetterlinge leisten: Die App beinhaltet ca. 160 Tagfalterarten und ermöglicht mit wenigen Klicks das Melden von Schmetterlingsbeobachtungen.
https://schmetterlingsapp.at

Die Igel sind los!

Igel fühlen sich in der Umgebungdes Menschen wohl und können Strukturen in naturnahen Gärten sehr gut nutzen. Daher ist es nichtverwunderlich, dass Igel in Siedlunge häufig sogar höhere Dichten erreichen als in der ausgeräumten Kulturlandschaft. Citizen Scientists, die einen eigenen Garten bzw. Zugang zu einem Garten haben, können das Vorkommen der beiden in Österreich heimischen Igelarten (nördlicher Weißbrustigel und Braunbrustigel) mit einem Igeltunnel (Bauanleitung auf der Homepage) erforschen oder direkte Beobachtungen melden.
http://igelimgarten.boku.ac.at

In aller Munde und Köpfe

Das Projekt lädt dazu ein, die Vielfalt, den Wandel und den Gebrauch von allen möglichen Formen von deutscher Sprache in Österreich zu beforschen. Interessierte werden dazu animiert, Fragen rund um das Thema „Deutsch in Österreich“ einzureichen (Frage des Monats) und ihre eigenen Forschungsprojekte zu starten. Außerdem sind unterschiedliche Aktionen in ganz Österreich geplant, an denen Interessierte teilnehmen können. Dazu zählt der Meme-Wettbewerb, bei dem dialektale Memes in einem Meme-Generator erstellt werden, oder eine Schnitzeljagd nach Schrift im öffentlichen Raum.
https://iam.dioe.at

Hummeln

Bedingt durch ihre Kältetoleranz sind Hummeln als Bestäuber von mehreren Hundert Pflanzenarten, speziell bei kühlen Temperaturen, wenn Honigbienen kaum ausfliegen, besonders wichtig. Der Naturschutzbund erforscht die Verbreitung der 42 aktuell in Österreich vorkommenden Hummelarten. Denn Daten über Hummeln gibt es leider sehr wenige, und nur wenn man weiß, wo sie überall noch vorkommen, kann man sie auch schützen! Dieses Projekt, das zu „Naturbeobachtungen“ gehört, ist Teilnehmer des heurigen Citizen Science Awards. Also beobachten, fotografieren und die pelzigen Brummer auf der Website www.naturbeobachtung.at melden.

Gans

Seit mehr als 40 Jahren wird das Sozialverhalten der Graugansschar der Konrad Lorenz Forschungsstelle in Grünau im Almtal (OÖ) beobachtet. Die Vögel sind individuell durch Beinringe markiert und können sich völlig frei bewegen. Ziel dieses Projektes ist das Monitoring der Zeit-Raum-Muster der Familien während der Aufzucht zu dokumentieren. Die erhobenen Daten liefern Informationen über die Verhaltensökologie der Graugänse. Interessierte Wildpark-Besucher können mit Hilfe der App „Forschen im Almtal“ mit der Aufnahme von Sichtmeldungen und Verhaltensbeobachtungen unterstützen. Zudem gibt es Schulklassen-Projekte.

Ornitho & Wasservogelzählung

Der Verein BirdLife Österreich erforscht und schützt die heimische Vogelwelt seit über 50 Jahren. Seit jeher ist Citizen Science eine wesentliche Grundlage dieser Arbeit, da die Expertise von Bird- Life auf der jahrzehntelangen Sammlung von vogelkundlichen Fundmeldungen aufbaut. Erfolgten die Meldungen früher auf sogenannten „Meldezetteln“, passiert das heute über die Onlineplattform. Hier kann man Beobachtungen von Vogelarten melden sowie Fotos oder Tonaufnahmen von Vögeln hinzufügen. Das macht nicht nurSpaß, sondern dient vor allem dem Schutz der heimischen Vogelwelt.
www.ornitho.at

StadtWildTiere

Das Projekt will sich mit Hilfe interessierter Stadtbewohner einen Überblick über die Verbreitung und Lebensweise von Säugetieren im urbanen Raum verschaffen. Dazu gehört der Fuchs, der in der Innenstadt unterwegs ist ebenso, wie das Eichhörnchen im Garten. Auf der Internetplattform www.stadtwildtiere.at können eigene Beobachtungen gemeldet und andere eingesehen werden. Weiters gibt es Informationen zur Verbreitung der Arten in Wien, aber auch Hilfestellungen für das Auffinden von hilflosen oder verletzten Wildtieren.

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