Freizeit

Ballett für Kinder: Der Traum vom Tanzen

Ballett ist für sie Freude, Spaß, Entspannung und ihre große Leidenschaft. Diese Burschen und Mädchen lieben das Tanzen. Einige von ihnen trainieren bis zu vier Stunden täglich, um ihren Traum verwirklichen zu können.

Konzentriert sitzt Ilina Eder am Boden des mit Spiegeln ausgekleideten Trainingsraums. Routiniert schlüpft sie in die zartrosa Schuhe mit den versteiften Kuppen und bindet die feinen Stoffschleifen um ihre Knöchel. Dann steht sie auf, stellt sich an die Ballettstange, blickt konzentriert in den großen Spiegel, hebt ein Bein hoch über den Kopf, während das andere auf der Spitze steht. Minutenlang führt Ilina für die Fotografin dieses À la Seconde in Écarté aus. Scheinbar mühelos, nahezu federleicht wirken die Bewegungen des zarten Mädchens.

Die Ballettstars von morgen

Ilina ist erst 14 Jahre jung und schon seit vier Jahren Ballettelevin an einer der renommiertesten Ausbildungsstätten Europas – der Ballettakademie der Wiener Staatsoper. Bekannte Tänzerinnen und Tänzer gingen hier einst zur Schule und stehen heute auf den Tanzbrettern, die die Welt bedeuten – in Wien, Paris und New York. Aktuell hat die Ausbildungsstätte 134 Schülerinnen und Schüler aus 26 Nationen zwischen zehn und 18 Jahren, ein Drittel davon sind Buben. Die Tanzausbildung wird mit einem eigenen Diplom sowie mit einer Prüfung vor der paritätischen Kommission abgeschlossen.

Vormittags gehen die zehn- bis 14-jährigen Tänzerinnen und Tänzer, bei den 15-bis 18-Jährigen ist es genau umgekehrt, in ein Realgymnasium (HIB 3) im dritten
Wiener Gemeindebezirk, am Nachmittag folgt das Training, drei bis vier Stunden an fünf Tagen der Woche. Klassisches Ballett gehört ebenso dazu wie zum Beispiel Jazz und zeitgenössischer Tanz. Das große Ziel aller ist es, einmal auf der Bühne jenes Hauses zu stehen, das nur einen Steinwurf entfernt am Ring liegt: die Wiener Staatsoper.

Berufsausbildung für Kinder

„Das, was wir hier machen“, erinnert Peter Rille, Pädagoge an der Akademie, „ist eine Berufsausbildung für Kinder. Es ist sehr intensives Training und wir nehmen nur die Besten der Besten. Die Kinder müssen Disziplin ebenso mitbringen wie Leidenschaft für den Tanz – anders geht es nicht.“ Eine Ausbildung, bei der es nicht immer leicht ist, dass Jugendlichkeit und Leichtigkeit nicht verloren gehen. Und genau das sei die große Herausforderung – zu schauen, dass es den Schülerinnen und Schülern körperlich wie geistig gut gehe, wie der Pädagoge betont. Deshalb achtet man vor allem bei Mädchen darauf, dass sie bewusst essen, sich gesund ernähren.

„Was man nicht vergessen darf: Es ist ein Beruf, den man nicht allzu lange ausüben kann. Die Ausbildung dauert zehn Jahre, dann hat man noch einmal zehn Jahre
im Job – dann ist es auch schon wieder vorbei, weil die körperliche Belastung sehr groß ist“, sagt Peter Rille, der weiß, wovon er spricht: Mit nur 15 Jahren wurde er ins Ballettensemble der Wiener Staatsoper engagiert, tanzte in großen Inszenierungen wie „Schwanensee“ und „Die Puppenfee“. Doch nicht für jede und jeden erfüllt sich der große Traum: „Aus einer Klasse mit zehn Absolventen schaffen es zwei an die Staatsoper, vier an ein anderes großes Haus – der Rest wird Pilot, Ärztin oder Architekt.“

Gutes Training ist wichtig

Klassisches Ballett ist ein effektives Training für den Körper, schult die Beweglichkeit, fördert die Konzentration – und am wichtigsten: es vermittelt Freude. Dennoch darf man das Training gerade bei kleinen Kindern nicht übertreiben, sagt Bettina Shilov. Sie ist Ballerina an der Wiener Volksoper und unterrichtet Kinder und Jugendliche. Ab dem vierten Lebensjahr, sagt sie, sei Ballett für Kinder geeignet. Ebenfalls entscheidend: „Der Wunsch, zu tanzen, muss von den Kindern selber kommen – und nicht von den Eltern. Im Unterricht merkt man ziemlich schnell, ob es der Traum der Kinder oder doch eher ihrer Eltern ist.“

Im Fall von Jonas Ambrosch ist ganz klar: Er will unbedingt Künstler werden. Jonas ist Schüler von Bettina Shilov und nimmt seit einem Jahr einmal wöchentlich bei ihr Unterricht, singt außerdem schon länger im Chor der Volksoper. „Beim Tanzen bin ich glücklich. Ich liebe die Bewegung und denke mir gerne selber Choreografien aus“, sagt der Elfjährige. Dass Buben Ballett tanzen, sei für Altersgenossen mitunter immer noch mit zahlreichen Vorurteilen behaftet. Bettina Shilov, selber mit einem Balletttänzer verheiratet, hofft, dass mehr Buben den Mut finden, sich zum Tanzen zu entscheiden, wenn es ihr Wunsch ist. Jonas jedenfalls sind all die Vorurteile, dass Ballett etwas nur für Mädchen sei, egal: „Ich gehe meinen Weg – egal was die anderen vielleicht denken.“

Wenn Ballett in der Familie liegt

Auch Emma Westerkamp geht schon selbstbewusst ihren Weg, ihr liegt das Künstlerische im Blut. Die Mama der Zehnjährigen war Balletttänzerin an der Prager Oper, ihr Vater ist Opernsänger. Seit ihrem vierten Lebensjahr tanzt Emma Ballett. Ihrer Mutter ist dabei wichtig: „Dass Emma gute Schulnoten hat. Wenn das passt, lassen wir sie auch gerne tanzen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie hart Balletttraining ist, deshalb achten wir auch darauf, dass Emma sich nicht überanstrengt und mit den ganzen Kursen überfordert wird.“ Mittlerweile ist Emma wie auch Jonas im Kinderchor der Wiener Volksoper und steht dort regelmäßig auf der Bühne. „Ich möchte einmal Musicaldarstellerin werden.“

Auch Ballettakademie-Elevin Ilina weiß, was sie einmal werden möchte. „Mein Ziel ist es, einmal Primaballerina zu sein.“ Bedenkt man, wer viele Jahre vor Ilina in jenem Saal stand, in dem sie soeben noch auf der Spitze tanzte, scheint es ein gutes Omen: denn es war kein Geringerer als Tanzstar Rudolf Nurejew.

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